Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 3 AO ist zum einen Definitionsnorm, in der die Begriffe "Steuer" (s. Rz. 5 ff.), "Realsteuer" (s. Rz. 46), "steuerliche Nebenleistung" (s. Rz. 47) definiert werden. Außerdem wird klargestellt, dass die europarechtlich geregelten Ein- und Ausfuhrabgaben Steuern i. S. v. § 3 Abs. 1 AO sind (s. Rz. 41). Diese Definitionen gelten für das gesamte formelle und materielle bundesrechtlich bzw. europarechtlich geregelte Steuerrecht (§ 1 Abs. 1 AO; s. Rz. 3). Schließlich regelt § 3 Abs. 5 AO klarstellend (vgl. Art. 106 Abs. 1 und Abs. 3 GG) die Ertragskompetenz hinsichtlich der steuerlichen Nebenleistungen i. S. v. § 3 Abs. 4 AO (s. Rz. 48 ff.).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 3 Abs. 1 AO gilt indessen nicht für die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen in Art. 104a ff. GG. Dort wird zwar der Begriff "Steuer" verwendet, aber nicht definiert. Da die AO als einfaches Bundesrecht im Range unter dem Verfassungsrecht steht, verbietet es sich, § 3 Abs. 1 AO zur Auslegung der Verfassungsnormen heranzuziehen und den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff mit dem einfachgesetzlichen zu definieren. Nach der Rspr. des BVerfG enthalten beide Steuerbegriffe die gleichen Elemente, d. h., auch die Steuer im verfassungsrechtlichen Sinne ist eine Geldleistung, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellt und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dies beruht darauf, dass der Parlamentarische Rat als verfassunggebendes Organ den bekannten Steuerbegriff des § 1 RAO, der im Wesentlichen dem § 3 Abs. 1 AO entsprach, vorausgesetzt und der in den Art. 104a ff. GG geregelten Finanzverfassung zugrunde gelegt hat (st. Rspr. des BVerfG; grundlegend BVerfG v. 04.02.1958, 2 BvL 31/56, 2 BvL 33/56, BVerfGE 7, 244; z. B. auch BVerfG v. 26.05.1976, 2 BvR 995/75, BVerfGE 42, 223; BVerfG v. 07.11.1995, 2 BvR 413/88, 2 BvR 1300/93, BVerfGE 93, 319; auch Drüen in Tipke/Kruse, § 3 AO Rz. 2a; Jarass in Jarass/Pieroth, Art. 105 GG Rz. 3; krit. zu diesem sog. Rezeptionsargument Musil in HHSp, § 3 AO Rz. 35). Der verfassungsrechtliche Steuerbegriff ist v.a. für die Bestimmung der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG bedeutsam, da sich die Kompetenz zur Regelung außersteuerlicher Abgaben als Annexkompetenz zu den in Art. 70 ff. GG geregelten Kompetenzzuweisungen darstellt.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ein europarechtlicher Steuerbegriff existiert derzeit nicht.

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