D-CH: Private Firmenwagen-Nutzung von Grenzgängern

Eine neue EU-Verordnung betrifft u. a. deutsche Grenzgänger, die von Ihrem Schweizer Arbeitgeber einen Pkw zur privaten Nutzung überlassen bekommen. StB Helmut Jetter weist darauf hin, dass durch die Verordnung die private Nutzung erheblich eingeschränkt ist bzw. zur Entstehung einer Zollschuld führt. Er weist aber auch einen Weg zur Fortführung der uneingeschränkten Privatnutzung.

Die EU-Kommission hat eine neue Durchführungsverordnung ((EU) 2015/234 v. 13.2.2015) erlassen, welche in allen Fällen zu beachten ist, in denen z.B. deutsche Grenzpendler von ihrem Schweizer Arbeitgeber einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung überlassen bekommen. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt seit dem 1.5.2015 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Sie hat letztlich auch arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Betroffenen. Bislang war nämlich zur Wahrung der zollrechtlichen vorübergehenden Verwendung (ohne Anfall von deutschen Einfuhrabgaben) lediglich erforderlich, dass dieser Pkw nicht anderen Personen (z.B. Familienangehörigen) zur Nutzung überlassen wurde. Nach der neuen Verordnung wird nun aber auch die Nutzung durch den Grenzpendler selbst massiv eingeschränkt!

Arbeitsvertrag anpassen

Nach der Verordnung ist nämlich die private Nutzung des Fahrzeugs nur noch gestattet für Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort des Beschäftigten oder für die Ausführung einer im Arbeitsvertrag der betreffenden Person vorgesehenen Aufgabe. Die Zollbehörden können von der Person, die das Beförderungsmittel benutzt, die Vorlage einer Kopie des Arbeitsvertrags verlangen. Alle übrigen Verwendungen des Fahrzeugs im Zollgebiet der EU führen zur Zollschuldentstehung.

Es ist also zur Vermeidung der Zollschuld erforderlich, die arbeitsvertraglichen Regelungen und die tatsächliche Verwendung des Pkw an den Inhalt dieser Verordnung anzupassen und sich strikt an diese Neuregelung zu halten. Ferner muss stets eine Kopie des Arbeitsvertrages mitgeführt werden.

Alternative: Anmeldung zum freien Verkehr

Der Empfehlung, die von der EU-Verordnung ausgehenden Nutzungseinschränkungen arbeitsvertraglich zu fixieren und deren Einhaltung sicherzustellen, konnten oder wollten nicht alle Schweizer Arbeitgeber folgen. Damit blieb in diesen Fällen nur der Weg, das Schweizer Fahrzeug offiziell in DE (bzw. der EU) zum freien Verkehr anzumelden mit folgenden Konsequenzen:

Grundsätzlich fällt bei der Einfuhr von Fahrzeugen aus der Schweiz in die EU 10 % Einfuhrzoll an. Dieser kann jedoch dadurch vermieden werden, dass für das Fahrzeug ein Präferenznachweis (Warenverkehrsbescheinigung EUR.1) des Herstellers vorgelegt wird.
Wenn der Schweizer Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer das Fahrzeug im Rahmen des Arbeitsverhältnisses für Privatfahrten überlässt, Eigentümer des Fahrzeugs ist, steht ihm der Vorsteuerabzug hinsichtlich der durch den deutschen Zoll festgesetzte deutschen Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) von 19 % zu. Denn das Fahrzeug wird für sein Unternehmen, nämlich zur Ausführung von Umsätzen, nach Deutschland eingeführt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG, Abschn. 15.8 UStAE).
Bei Leasingfahrzeugen steht der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer der Leasinggesellschaft zu, weil nach Zollrecht zwar verschiedene Beteiligte rechtmäßig die Einfuhr erklären können, aber umsatzsteuerrechtlich stets nur derjenige Unternehmer zum Abzug der (deutschen) EUSt berechtigt ist, welcher im Zeitpunkt der Anmeldung zum freien Verkehr Eigentümer der Ware (hier: des Fahrzeugs) ist.

Falls die Einfuhr vom Eigentümer des Fahrzeugs gemacht wird, ist die Einfuhrumsatzsteuer damit im Ergebnis kostenneutral; das gilt jedoch nicht für den ggf. erhobenen Zoll.

Wenn das Fahrzeug in DE (der EU) verzollt und versteuert ist, dann ist es in den freien Verkehr der EU übergeführt und kann damit zollrechtlich uneingeschränkt innerhalb der EU verwendet werden. Das Fahrzeug darf – auch nachdem es durch die Einfuhr zur „Gemeinschaftsware“ geworden ist – die Schweizer Zulassung behalten. Die Überführung eines Firmenwagens in den zollrechtlich freien Verkehr gem. Art. 79 ZK erfordert nämlich nicht, dass dieser auch hier zugelassen wird. Dies ist weder im Zollrecht noch in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) geregelt. § 6 Abs. 6 FZV regelt nur, dass bei der Zulassung ggf. ein Verzollungsbeleg vorzulegen ist.

In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, festzuhalten, dass das Fahrzeug trotz Einfuhr in die EU CH-zollrechtlich nicht aus der Schweiz ausgeführt wird.

Ferner führt die Abfertigung von Firmenfahrzeugen zum freien Verkehr in der EU (Gemeinschaftsware EU) kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht dazu, dass in Deutschland Kfz-Steuer anfällt, weil die Verfügungsmacht über das Fahrzeug bei dem Arbeitgeber als Halter mit Sitz im Ausland verbleibt.

Wichtig: Die Einfuhrdokumente müssen immer im Fahrzeug mitgeführt werden, damit bei Zollkontrollen der Status der Gemeinschaftsware nachgewiesen werden kann. Diese Papiere sollten also zumindest in Fotokopie (Originale können im Zweifel dem deutschen Zoll vermutlich auch noch nachträglich vorgelegt werden) im Handschuhfach liegen.

Lohnsteuer und Umsatzsteuer

Generell – und damit unabhängig davon, welchen zollrechtlichen Status das Fahrzeug hat bzw. ungeachtet dessen, ob es sich um ein vom Arbeitgeber angeschafftes oder geleastes Fahrzeug handelt – sind bezüglich der Besteuerung der privaten Kfz-Nutzung solcher grenzüberschreitenden Sachverhalte noch folgende Hinweise anzubringen:
Die Lohnsteuer hängt am Arbeitsverhältnis. Ein Schweizer Arbeitgeber, welcher keine Anknüpfung in DE hat (z.B. über eine deutsche Betriebsstätte), hat in DE keine lohnsteuerlichen Pflichten zu erfüllen. Auch nicht, wenn sein Arbeitnehmer den Wohnsitz in DE hat und den Firmenwagen für private Zwecke nutzen darf.
Bei der Umsatzsteuer hat sich seit dem 30.6.2013 die Bestimmung des Leistungsortes für eine langfristige Kfz-Vermietung an Nichtunternehmer „B2C“ geändert (als solche wird auch die Überlassung eines Pkw zur privaten Nutzung durch den Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer gesehen; Leistungsaustausch: Pkw gegen Arbeitskraft). Danach ist der Leistungsort nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 UStG am Sitzort des Leistungsnehmers (im vorliegenden Fall also in DE) anzunehmen.

Demnach muss der Schweizer Arbeitgeber – ohne dass deutsche Lohnsteuer anfällt – auf der Grundlage der fiktiven lohnsteuerlichen Bemessungsgrundlage (1 %-Regel) deutsche Umsatzsteuer ermitteln und abführen.

Dies führt zu einer Doppelbelastung mit Umsatzsteuer für den Schweizer Arbeitgeber, weil dieser Tatbestand auch in der Schweiz der Mehrwertsteuer unterliegt: Für den Privatanteil sind gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung monatlich 0,8 % des Kaufpreises des Fahrzeugs abzuführen.
Zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland gibt es kein Abkommen auf dem Gebiet der Umsatzsteuer, das eine Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder einer Nichtbesteuerung zum Ziel hätte. Die erwähnte Doppelbelastung wird demnach vom deutschen Fiskus in Kauf genommen. Jedenfalls sind keine Maßnahmen (z.B. Billigkeitserlass) vorgesehen, um diese Doppelbelastung von deutscher Seite aus zu mindern oder gar zu vermeiden.