Rz. 93t

Die Vorschrift in § 1 Abs. 2c GrEStG wurde nach einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (7. Ausschuss) vom 15.4.2021 zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drucks. 19/13437, 19/13546) zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes eingefügt (BT-Drucks. 19/28528, 27). Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen und geschieht dies im Börsenhandel, bleibt bei Ermittlung der 90 %-Grenze für § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG ein solcher Übertragungsvorgang außer Betracht. In solchen Fällen einer Veränderung der Beteiligungsverhältnisse stehe, so die Gesetzesbegründung, die Kapitalbeschaffung im Vordergrund und nicht die missbräuchliche Ersparnis von Grunderwerbsteuer. Wer Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft erwerbe, dem gehe es um die Teilhabe an der Ertragskraft dieser Gesellschaft und nicht um die Teilhabe an einem Grundstück.

Die Vorschrift erfasst nach dem klaren Wortlaut die Fälle, in denen zum Vermögen einer Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 2b Satz 1 GrEStG) oder einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG) ein inländisches Grundstück gehört. Im letztgenannten Fall geht es um Strukturen, in denen eine Kapitalgesellschaft an einer grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Die Kapitelbeschaffung über die Börse löst damit bei einer nachgeordneten Personengesellschaft bei einem mittelbaren Gesellschafterwechsel keine Grunderwerbsteuer aus.

Die Vorschrift setzt einen Übergang von zum Handel zugelassenen Anteilen voraus, der über die Börse (organisierter Markt nach § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes, WpHG), einen äquivalenten Dritthandelsplatz oder ein sonstiges der Verordnung (EU) Nummer 600/2014 (MiFIR) unterfallendes multilaterales Handelssystem (MTF) abgewickelt wird.

Die Börsenklausel ist mangels Übergangsregelung in allen noch offenen Fällen anzuwenden (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 29.6.2021, BStBl I 2021, 1006) und betrifft auch mittelbare Erwerbe (Behrens in: Wäger, UStG, 2. Auflage 2022, § 4 UStG, Rn. 110-2).

Relevante sogenannte Zählerwerbe innerhalb des Betrachtungszeitraums können begünstigt sein. § 1 Abs. 2b GrEStG gilt für Anteilsübergänge ab dem 1. 7. 2021 (§ 23 Abs. 23 GrEStG), für Übertragungen vor dem 1. 7. 2021 besteht kein Bedürfnis für die Anwendung der Börsenklausel, eine Relevanz besteht daher nur im Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2a GrEStG (auch in alter Fassung).

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