Gleichlautende Ländererlasse vom 29.6.2021

Mit dem Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12. Mai 2021 (BGBl 2021 I S. 986) hat das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) folgende Änderungen erfahren:

  • Absenkung der 95 %-Grenze in den Ergänzungstatbeständen (§ 1 Absatz 2a, 3 und 3a GrEStG) auf 90 %,
  • Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands (§ 1 Absatz 2b GrEStG) zur Besteuerung eines Anteilseignerwechsels in Höhe von mindestens 90 % im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb von zehn Jahren,
  • Verlängerung des in § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG genannten Zeitraums von fünf auf zehn Jahre,
  • Einfügung einer Börsenklausel (§ 1 Absatz 2c GrEStG),
  • Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum bei Umwandlungsfällen und Einbringungen,
  • Verlängerung des Zeitraumes von fünf auf zehn Jahre in § 5 Absatz 3, § 6 Absatz 3 Satz 2, § 6 Absatz 4 Nummer 1 und 2 sowie § 7 Absatz 3 GrEStG,
  • Verlängerung der Vorbehaltensfrist in § 6 Absatz 4 Nummer 3 GrEStG von fünf auf fünfzehn Jahre.

Die Änderungen gehen mit folgenden Übergangsregelungen einher (§ 23 Absatz 18 bis 24 GrEStG):

 

1. Allgemeine Übergangsregelung (§ 23 Absatz 18 GrEStG)

Die geänderten Vorschriften sind nach § 23 Absatz 18 GrEStG erstmals für Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach Ablauf des 30. Juni 2021 verwirklicht werden.

Als Verwirklichung eines Erwerbsvorgangs ist der Erwerb des letzten Anteils zu verstehen, der zur Erreichung bzw. Überschreitung der 90 %-Grenze führt. Die Absenkung der Beteiligungsgrenze und die Fristverlängerungen haben auch Bedeutung für Rechtsvorgänge der Vergangenheit.

§ 1 Absatz 2c GrEStG ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Die allgemeine Übergangsregelung wird durch § 23 Absatz 19 bis 24 GrEStG ergänzt.

 

2. Übergangsregelungen zu den Änderungen des § 1 Absatz 2a GrEStG

 

2.1 Schutz der Altgesellschaftereigenschaft (§ 23 Absatz 19 Satz 1 GrEStG)

Wer vor dem 1. Juli 2021 Altgesellschafter nach dem bis zum 30. Juni 2021 geltenden Recht (altes Recht) ist, bleibt auch Altgesellschafter nach dem ab dem 1. Juli 2021 geltenden Recht (neues Recht). Wer demgegenüber mit Ablauf des 30. Juni 2021 Neugesellschafter ist, bleibt bis zum Ablauf des (verlängerten) Zehnjahreszeitraums Neugesellschafter.

Beispiel 1

Am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft ist A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Zum 1. August 2011 überträgt A 89,9 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf C. Zum 1. Juli 2021 überträgt A seinen restlichen Anteil am Gesellschaftsvermögen von 0,1 % auf D.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist nicht erfüllt, da innerhalb des (verlängerten) Zeitraums von zehn Jahren nicht mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen (sondern nur 0,1 %) auf Neugesellschafter übergegangen sind. Der Anteilsübergang zum 1. August 2011 auf C wird gemäß § 23 Absatz 19 Satz 1 GrEStG bei der Anwendung des § 1 Absatz 2a Satz 1 GrEStG nicht berücksichtigt, weil C mit Ablauf des 30. Juni 2021 bereits Altgesellschafter ist ( 1. August 2011 + 5 Jahre = Altgesellschafter mit Ablauf des 31. Juli 2016) und daher auch nach neuem Recht Altgesellschafter bleibt.

Beispiel 2

Am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft ist A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Zum 1. August 2016 überträgt A 89,9 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf C. Zum 1. August 2021 überträgt A seinen restlichen Anteil am Gesellschaftsvermögen von 0,1 % auf D.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen (89,9 % + 0,1 %) auf die Neugesellschafter C und D übergegangen sind. Der Anteilsübergang zum 1. August 2016 auf C wird berücksichtigt. C war mit Ablauf des 30. Juni 2021 kein Altgesellschafter, da der Fünfjahreszeitraum zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.

 

2.2 Beteiligte Kapitalgesellschaften (§ 23 Absatz 19 Satz 2 GrEStG)

Für Änderungen im Gesellschafterbestand einer unmittelbar oder mittelbar am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft gilt rückwirkend die abgesenkte Beteiligungsgrenze in Höhe von 90 %.

Durch die Übergangsregelung des § 23 Absatz 19 Satz 2 GrEStG kann es dazu kommen, dass eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft rückwirkend betrachtet als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft einzustufen ist (Fiktion) und damit die von ihr gehaltene Beteiligung bei der Ermittlung der auf Neugesellschafter übergegangenen Anteile mitzählt.

Beispiel 3

Am Vermögen der grundbesitzenden KG ist X zu 90 % und die Komplementär-GmbH (GmbH) zu 10 % beteiligt. Am Kapital der GmbH ist X zu 90 % und Y zu 10 % beteiligt. Im Jahr 2019 überträgt X seinen GmbH-Anteil auf A. Im August 2021 überträgt X 80 % der Anteile am Vermögen der KG auf B.

Der Tatbestand des § 1 Absatz 2a GrEStG ist erfüllt, da innerhalb von zehn Jahren mindestens 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen (in August 2021: 80 % + in 2019: 10 %) auf den Neugesellschafter B und die (fiktiv ...

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