Leitsatz

1. Mit dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters aus einer atypisch stillen Gesellschaft geht der Verlustvortrag verloren, soweit der Fehlbetrag auf den ausscheidenden Gesellschafter entfällt. Dies gilt auch dann, wenn der ausscheidende stille Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft (Obergesellschaft) mittelbar weiterhin an der atypisch stillen Gesellschaft (Untergesellschaft) beteiligt ist (Anschluss an Senatsurteil vom 06.09.2000, IV R 69/99, BFH/NV 2001, 273, BFH/PR 2001/22).

2. Scheidet der stille Gesellschafter während des Erhebungszeitraums aus der atypisch stillen Gesellschaft aus, können bis zu diesem Zeitpunkt angefallene positive Gewerbeerträge der Gesellschaft noch um Verluste früherer Jahre gekürzt werden, soweit sie nicht zuvor mit etwaigen Verlusten, die nach dem Ausscheiden des Gesellschafters im Erhebungszeitraum entstanden sind, zu verrechnen sind.

 

Normenkette

§ 10a GewStG

 

Sachverhalt

An der klagenden GmbH hatte sich deren alleiniger Anteilseigner zusätzlich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt. Zum 31.08.1993 übertrug der stille Gesellschafter seine Einlage auf eine KG, an deren Vermögen er wiederum als alleiniger Kommanditist zu 100 % beteiligt war; seither ist die KG als atypisch stille Gesellschafterin an der GmbH beteiligt.

Bei der atypisch stillen Gesellschaft waren bis 1992 hohe Verluste entstanden und als vortragsfähige Gewerbeverluste nach § 10a GewStG festgestellt worden. Das FA lehnte es jedoch ab, den im Jahr 1993 erzielten Gewinn mit dem Verlustvortrag zu verrechnen. Es ging nämlich davon aus, dass infolge eines Gesellschafterwechsels die Unternehmeridentität weggefallen sei, und stellte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1993 mit 0 DM fest.

Einspruch und Klage gegen den GewSt-Messbescheid und den Bescheid über die Feststellung vortragsfähiger Gewerbeverluste hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG (FG Berlin, Urteil vom 24.08.2005, 6 K 6080/02, Haufe-Index 1474659, EFG 2006, 755) in Bezug auf die Verlustfeststellung. Hinsichtlich des GewSt-Messbescheids 1993 hob er die Vorentscheidung jedoch auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Die bis zum Tag des Gesellschafterwechsels erzielten Gewinne seien mit den vorgetragenen Verlusten zu verrechnen. 

 

Hinweis

1. Die gewerbesteuerliche Behandlung von Personengesellschaften unterscheidet sich von der einkommensteuerlichen Handhabung, weil Objekt der GewSt der Betrieb der Personengesellschaft und Subjekt der Besteuerung die Gesellschaft selbst ist. Für eine transparente Betrachtung der einzelnen Gesellschafter dürfte danach kein Raum sein. Dennoch behandelt aber die Rechtsprechung die einzelnen Gesellschafter und nicht die Gesellschaft als (Mit-)Unternehmer i.S.d. GewSt-Rechts (Beschluss des Großen Senats vom 03.05.1993, GrS 3/92, Haufe-Index 64492, BStBl II 1993, 616).

Dies bedeutet für den gewerbesteuerlichen Verlustabzug, dass der vorzutragende Verlust und der auszugleichende Gewinn mitunternehmerbezogen zu berechnen sind. Beim Ausscheiden eines Mitunternehmers geht deshalb auch der auf ihn bezogene Verlustvortrag verloren. Weder die verbleibenden Gesellschafter noch ein neu eingetretener Gesellschafter können die Verlustanteile des ausgeschiedenen Gesellschafters nutzen.

2. Eine atypisch stille Gesellschaft unterliegt gewerbesteuerlich grundsätzlich denselben Regeln wie andere Personengesellschaften. Einen Unterschied macht man nur insoweit, als Schuldner der GewSt trotz der Regelung in § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG nur der Inhaber des Handelsgewerbes, nicht aber die stille Gesellschaft ist.

3. Im jetzt entschiedenen Fall hatte zwar ein Gesellschafterwechsel dadurch stattgefunden, dass der atypisch stille Gesellschafter seine Beteiligung auf eine KG übertragen hatte. Wirtschaftlich hatte sich an den Beteiligungsverhältnissen aber deshalb nichts geändert, weil der ausgeschiedene Gesellschafter alle Vermögensanteile an der eingetretenen KG hielt. Aus der unmittelbaren Beteiligung war lediglich eine mittelbare Beteiligung geworden. Gleichwohl sieht der BFH hierin einen Wechsel der Unternehmeridentität, der zum anteiligen Wegfall des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags führt.

Beachten Sie, dass mit doppelstöckigen Strukturen ein Wegfall des Verlustvortrags erreicht werden kann. Denn ein Gesellschafterwechsel auf der Ebene der Obergesellschaft hat keine Auswirkung auf den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der Untergesellschaft.

4. Findet der Gesellschafterwechsel im Lauf des Wirtschaftsjahrs statt, sind die Verlustanteile des ausscheidenden Gesellschafters allerdings noch mit den bis zu seinem Ausscheiden aufgelaufenen Gewinnen zu verrechnen. Es kann sich daher im Einzelfall anbieten, stille Reserven vor dem Gesellschafterwechsel zu heben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.01.2009 – IV R 90/05

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