Der BFH, der über die Revision des FA in beiden Verfahren zu entscheiden hatte,[31] entschied in der Sache selbst und verweigerte B und der A-GmbH den Vorsteuerabzug. Die Gründe, die der BFH gegen die sorgfältig ausgearbeitete und die Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigende Begründung des FG anführte, können aber m.E. nicht überzeugen.

1. Keine wirtschaftliche Tätigkeit aufgrund bloßer Verkaufsabsicht

Keine wirtschaftliche Tätigkeit: Der BFH stellte fest, B und die A-GmbH hätten mit dem An- und Verkauf keine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 9 Abs. 2 MwStSystRL (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG) betrieben.

Für FG war die wirtschaftliche Tätigkeit gegeben: Er wandte sich zunächst der Feststellung des FG zu, es sei unerheblich, wenn B und die A-GmbH mit dem An- und Verkauf der Fahrzeuge lediglich gelegentlich wirtschaftlich tätig geworden sein sollten, beide Kläger hätten ihre Verkaufsabsicht ausreichend dargelegt und die Fahrzeuge ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet.[32]

Lt. BFH Fehlen unternehmerischen Handelns: Hieraus schloss der BFH, dem FG genüge bereits eine bloße Verkaufsabsicht beim Erwerb, um eine wirtschaftliche Tätigkeit anzuerkennen. Dem hielt er entgegen, allein der mögliche Verkauf eines Gegenstands sei nicht ausreichend, um eine insoweit eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Der bloße Erwerb eines Gegenstands in der Hoffnung, Gewinne infolge eines durch Zeitablauf gesteigerten Wertes des Gegenstands zu erzielen, genüge für sich nicht. Erforderlich sei vielmehr, dass Umstände vorlägen, die zeigten, dass sich der Steuerpflichtige wie ein Unternehmer verhalte.[33]

Kein Fehlen unternehmerischen Handelns: Es wird allerdings nicht so richtig klar, warum es in den vorliegenden Fällen an diesen Umständen fehlen sollte. Dass eine Teilnahme am allgemeinen Markt bzw. die Unterhaltung eines Geschäftslokals nicht zwingend erforderlich sind, hat der BFH schon verschiedentlich angemerkt.[34] Außerdem haben sowohl B als auch die A-GmbH im Jahr 2016 – entsprechend der Absicht bei Erwerb – jeweils ein Auto (Kfz 3 und 4) tatsächlich verkauft. Die A-GmbH hat im Jahr 2021 außerdem versucht, das Kfz 2 zu verkaufen, und es ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Auto noch verkauft wird.[35] Das zeigt eigentlich recht eindeutig, dass sowohl B als auch die A-GmbH durchaus wie Unternehmer gehandelt haben. Die (potentiellen) Käufer werden auch nicht zufällig bei ihnen vorbeigeschaut haben. Und welches bessere Indiz gibt es für eine unternehmerische (Händler-)Tätigkeit, als dass die Waren, die zum Wiederverkauf erworben werden, tatsächlich verkauft werden? Der EuGH hat sogar eine (Vorgründungs-)Gesellschaft dann als Steuerpflichtigen angesehen, wenn entsprechend ihrem Gesellschaftszweck ihr einziger Ausgangsumsatz die Übertragung der bezogenen Leistungen an die Kapitalgesellschaft nach deren Gründung war.[36]

[33] BFH v. 8.9.2022 – V R 26/21, juris Rz. 16 f., und V R 27/21, juris Rz. 16 f.
[34] Vgl. BFH v. 29.9.2022 – V R 29/20, juris Rz. 28 und 29, m.w.N.
[35] Außerdem verkaufte die A-KG das Kfz 5; s. dazu nachfolgend IV.2.
[36] EuGH v. 29.4.2004 – C-137/02 – Faxworld, UR 2004, 362. Die Vorgründungsgesellschaft war natürlich auch nicht am "allgemeinen Markt" tätig etc.

2. Keine "Vermischung" der Unternehmen

Eigenständigkeit: Mit Blick auf die Nachhaltigkeit der unternehmerischen Tätigkeit sah es der BFH auch als rechtsfehlerhaft an, dass das FG bei der Beurteilung der Häufigkeit und Dauer der Tätigkeiten auf dem Markt für hochpreisige Fahrzeuge auf die Aktivitäten aller "drei Unternehmen" – also das einzelkaufmännische des B, das der A-GmbH und das der A-KG – abgestellt hatte. Dies widerspreche der Eigenständigkeit verschiedener Unternehmer und ihrer jeweiligen Unternehmen. Die Tätigkeit des B als Einzelkaufmann oder im Rahmen der A-KG könne nicht eine unternehmerische Tätigkeit der A-GmbH begründen.[37] Auch könne seine Tätigkeit im Rahmen der A-KG oder im Rahmen der A-GmbH nicht seine eigene unternehmerische Tätigkeit begründen.[38]

BFH "vermischt" auch: Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der BFH dort, wo er es für angemessen hält, durchaus auch selbst eine unternehmensübergreifende Beurteilung vornimmt. So hat er z.B. im Fall einer Holdinggesellschaft, die Leistungen einkaufte und sie als Gesellschafterbeitrag in ihre Tochtergesellschaft einlegte, es für möglich gehalten, dass die Aufwendungen für die bezogenen Leistungen keine Kostenelemente der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft selbst seien. Sie seien vielmehr den Ausgangsumsätzen der Tochtergesellschaft zuzuordnen.[39] Der BFH hielt es also für denkbar, das Vorsteuerabzugsrecht im Wege einer Gesamtbetrachtung der Unternehmen von Mutter- und Tochtergesellschaft zu beurteilen.

Auch EuGH: Und auch dem EuGH ist eine Gesamtbetrachtung nicht fremd. So stimmte er nicht nur im vorgenannten Fall der Holdinggesellschaft der ...

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