Leitsatz

1. Die Vorruhestandsbeihilfe des Freistaats Sachsen gehört zum Veräußerungserlös, wenn sie dem Gesellschafter einer landwirtschaftlichen GbR im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus der GbR bewilligt wurde.

2. Ein Wahlrecht zur Besteuerung der Vorruhestandsbeihilfe als nachträgliche Betriebseinnahme mit dem Zufluss der jeweiligen Zahlungen steht dem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zu.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 13 Abs. 7, § 14 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 34 EStG, § 135 Abs. 3, § 139 Abs. 4 FGO

 

Sachverhalt

Aus einer landwirtschaftlich tätigen GbR schied ein Gesellschafter im Alter von 61 Jahren gegen Abfindung aus. Vom Freistaat Sachsen erhielt er außerdem eine Vorruhestandsbeihilfe, die bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs i.H.v. monatlich 1 250 EUR zu zahlen war.

Das FA erhöhte den Veräußerungsgewinn des ausgeschiedenen Gesellschafters um den Barwert der Vorruhestandsbeihilfe. Die GbR und der ausgeschiedene Gesellschafter waren der Auffassung, die Vorruhestandsbeihilfe sei ähnlich einer Produktionsaufgaberente steuerfrei, zumindest aber wahlweise im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern. Beiden Argumenten folgte das FG nicht (Sächsisches FG, Urteil vom 19.03.2008, 4 K 2152/04, Haufe-Index 2032538, EFG 2009, 166).

 

Entscheidung

Vor dem BFH wurde die Steuerfreiheit nicht mehr geltend gemacht. Aber auch in dem anderen Streitpunkt bestätigte der BFH die Vorentscheidung. Der Anspruch auf die Vorruhestandsbeihilfe sei mit seinem Barwert Bestandteil des Veräußerungsgewinns und könne nicht zeitanteilig bei Zufluss besteuert werden.

 

Hinweis

1. Gegenstand des "Veräußerungspreises" i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG ist nicht nur ein sofort zu zahlender Betrag, sondern auch der Barwert von künftig an den Veräußerer zu leistenden Zahlungen. Diese stellen Forderungen im Rahmen der vom Gesetz angeordneten stichtagsbezogenen ­Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs dar. Wird der Kaufpreis in Gestalt einer Leibrente erbracht, würde sich im Fall eines Versterbens des Veräußerers vor der kalkulierten Lebenserwartung eine Überbesteuerung ergeben. Dies hielt die Rechtsprechung für unbillig, sodass sie für derart wagnisbehaftete Bezüge ein Wahlrecht entwickelte, wonach sich der Veräußerer anstelle der Sofortbesteuerung für eine Besteuerung bei Zufluss entscheiden kann. Diese Billigkeitsregelung ist bisher auf langfristig wiederkehrende und zugleich wagnisbehaftete Bezüge beschränkt worden.

Mit dem Besprechungsurteil hat der BFH es abgelehnt, das Wahlrecht auch auf kurz laufende abgekürzte Leibrenten auszuweiten. Er bleibt vielmehr dabei, dass die Mindestlaufzeit einer abgekürzten Leibrente zehn Jahre überschreiten muss, um das Wahlrecht in Anspruch nehmen zu können. Erst dann ist das Wagnis für den Veräußerer nach Meinung des BFH so groß, dass die zwingende Sofortbesteuerung unbillig wäre.

2. Zum "Veräußerungspreis" gehören nicht nur Leistungen des Erwerbers, sondern auch Leistungen Dritter, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung stehen. Im Urteilsfall hatte der Freistaat Sachsen eine aus EU-Mitteln finanzierte Vorruhestandsrente bis zum Erreichen des Eintrittsalters in die Altersrente angeboten, die der Veräußerer in Anspruch nahm. Eine solche Vorruhestandsrente betrachtet der BFH als Bestandteil des Veräußerungspreises bei Veräußerung des Einzelbetriebs oder des Mitunternehmeranteils.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.11.2010 – IV R 17/08

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