Leitsatz

1. Kinder können nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG wegen der Teilnahme an einem Freiwilligendienst aller Generationen nur berücksichtigt werden, wenn der Dienst die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB VII erfüllt.

2. Die insoweit erforderliche Vereinbarung zwischen dem Kind und dem Träger des Freiwilligendienstes muss das Schriftformerfordernis erfüllen und die Bezeichnung des Trägers und der Einsatzstelle, die Aufgaben des Freiwilligen, die Angabe des mindestens sechsmonatigen Verpflichtungszeitraums und der wöchentlichen Stundenzahl von mindestens acht Stunden, die Verpflichtung des Trägers zur Sicherstellung des Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutzes sowie zur kontinuierlichen Begleitung des Freiwilligen und zu dessen Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr enthalten.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG, § 2 Abs. 1a SGB VII

 

Sachverhalt

Die Tochter der Klägerin wurde von ihrer Kirche, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, als Missionarin berufen und beauftragt, 18 Monate in einer Mission zu arbeiten. Die Vorbereitung erfolgte in einer Missionarsschule.

Im Rahmen der Missionstätigkeit erteilte die Tochter Englischunterricht, gestaltete Kinderfeste, betrieb Öffentlichkeitsarbeit (u.a. Aufklärung über die Folgen von Drogen-, Alkohol- und Nikotinkonsum und über die Bedeutung einer festen ehelichen Bindung). Sie beteiligte sich auch an Musikkonzerten und betreute Senioren.

Die Familienkasse lehnte den Antrag auf Kindergeld ab.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Sächsische FG entschied mit Urteil vom 9.11.2011, 8 K 1840/10 (Kg), Haufe-Index 2910733, es liege kein Freiwilligendienst aller Generationen vor, da es an einer den formellen und inhaltlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1a SGB VII entsprechenden Vereinbarung zwischen der Kirche und der Tochter fehle.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Kinder, die das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, werden berücksichtigt, wenn sie einen der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Dienste leisten, zu denen auch der sog. Freiwilligendienst aller Generationen i.S.v. § 2 Abs. 1a SGB VII gehört.

2. Der BFH hatte bereits früher entschieden, dass die Kindergeldberechtigung auf die konkret umschriebenen Freiwilligendienste beschränkt ist und diese daher die Voraussetzungen der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG genannten Verweisungsnormen erfüllen müssen. Die sich daraus ergebenden Einschränkungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich, weil Freiwilligendienste überwiegend nicht der Ausbildung für einen Beruf dienen, sondern der Persönlichkeitsbildung.

3. Erfüllt der Freiwilligendienst aller Generationen die sich aus § 2 Abs. 1a SGB VII ergebenden und im 2. Leitsatz aufgezählten inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder erweist sich die darüber abgeschlossene schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kind und dem Träger der Maßnahme als unzureichend, scheidet eine Berücksichtigung aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.5.2012 – III R 68/11

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