Kindergeld zwischen Schule und freiwilligem sozialen Jahr

Das FG Münster hat zum Kindergeldanspruch für die Zeit zwischen Schulausbildung und freiwilligem sozialen Jahr entschieden.

Das FG Münster hat entschieden: Für ein volljähriges Kind wird für die Übergangszeit von 5 Monaten zwischen der Beendigung der Schulausbildung und dem Antritt eines Freiwilligendienstes im Rahmen des Europäischen Sozialkorps (freiwilliges soziales Jahr) auch dann kein Kindergeld gewährt, wenn das Kind nach Beendigung des Freiwilligendienstes ein duales Bachelorstudium aufnimmt und das Kind pandemiebedingt zunächst kein Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr finden konnte.

Freiwilliges soziales Jahr

Folgender Sachverhalt wurde verhandelt: Die Tochter der Klägerin beendete ihre Schulausbildung im Juli 2020. In der Zeit von April bis Oktober 2020 war sie auf Projektsuche für ein freiwilliges soziales Jahr. Seit dem 20.11.2020 war sie bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchend geführt. Ab Januar 2021 absolvierte die Tochter einen Freiwilligendienst. Zum 1.10.2021 nahm sie ein duales Studium zum Bachelor auf.

Gewährung von Kindergeld

Die Familienkasse (FK) gewährte Kindergeld erst ab November 2020, da die Tochter ihre schulische Ausbildung im Juli 2020 beendet und erst im Januar 2021 die berücksichtigungsfähige Freiwilligenaktivität aufgenommen habe. Zwischen den Ausbildungsabschnitten lägen demzufolge 5 Monate, sodass eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht möglich sei. Das Bewerbungsverfahren für die Aufnahme der Freiwilligenaktivität führe nicht zu einer Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes. Pandemiebedingte Ausnahmeregeln sehe das Einkommensteuergesetz nicht vor. Da die Aufnahme des freiwilligen Dienstes ausschließlich pandemiebedingt nicht möglich gewesen sei, begehrt die Klägerin die Gewährung des Kindergeldes ab August 2020.

Zeitraum zwischen den Ausbildungsabschnitten

Das FG hat entschieden, dass sich eine Berücksichtigungsfähigkeit nicht aus § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ergebe, da die Tochter der Klägerin sich nicht in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten befunden habe, weil sie ihre Schulausbildung im Juli 2020 beendete und ihren Freiwilligendienst im Januar 2021 aufgenommen habe. Der Zeitraum zwischen diesen beiden Ausbildungsabschnitten betrage demnach 5 Monate. Im Streitfall könne die Tochter trotz ihrer Suche nach einem Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt werden, da es sich bei der Suche nach einem Projekt für ein freiwilliges soziales Jahr nicht um eine Suche nach einem Ausbildungsplatz handele.

Eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG auf Fälle, in denen ein freiwilliges soziales Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht begonnen werden könne, sei nicht möglich, da es insoweit ebenfalls an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke fehle.

Revision nicht zugelassen

Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung habe noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordere. Mit dieser Entscheidung hat das FG auch klargestellt, dass die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres grundsätzlich keine Berufsausbildung darstellt.

FG Münster, Urteil v. 14.6.2022, 13 K 745/21 Kg


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