[Ohne Titel]

RD Dr. Christian Sterzinger[*]

Im JStG 2019 (Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2451 = BStBl. I 2020, 17) hat Deutschland zum 1.1.2020 die vier EU-Vorgaben zu den sog. "Quick-Fixes" in nationales Recht umgesetzt. Neben der Neueinführung einer Konsignationslagerregelung in § 6b UStG und der EU-weiten Vereinheitlichungen beim Reihengeschäft kam es dadurch bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen i.S.v. § 4 Nr. 1b und § 6a UStG nicht nur zu Neuerungen beim "Belegnachweis", sondern insbesondere zu einer erheblichen Verschärfung bei den Voraussetzungen der Steuerbefreiung solcher Lieferungen.

[*] RD Dr. Christian Sterzinger ist Referatsleiter im Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt. Der Beitrag ist nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

I. Ausgangssituation

EuGH: Verzicht auf Bestätigung der USt-IdNr.: Der EuGH[1] hatte in der Vergangenheit bei der Prüfung der Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen festgestellt, dass auf die Bestätigung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)[2] verzichtet werden kann, wenn objektiv feststeht, dass der Liefergegenstand objektiv in einen anderen Mitgliedstaat an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen gelangt ist.

MwStSystRL verlangt Mitteilung der USt-IdNr.: Da aber eine gültige USt-IdNr. des Abnehmers und die zutreffende Zusammenfassende Meldung (ZM) des Exporteurs systemimmanent unverzichtbare Vorbedingung für den funktionierenden Datenaustausch und damit für die Besteuerungskontrolle sind, regeln nunmehr Art. 138 Abs. 1b MwStSystRL und § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und b UStG ausdrücklich, dass die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nur zur Anwendung kommen kann, wenn dem Lieferer die USt-IdNr. des Leistungsempfängers mitgeteilt worden ist.

Prüfungspflicht der USt-IdNr. = Sorgfaltspflicht des Unternehmers? Auch wenn das Gesetz keine Prüfungspflicht für die mitgeteilte USt-IdNr. beinhaltet, spricht angesichts der Möglichkeit einer qualifizierten Bestätigungsabfrage nach § 18e UStG viel dafür, eine solche grundsätzlich als Teil der Sorgfaltspflichten eines Unternehmers zu betrachten.[3]

Außerdem ist nach Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL und § 4 Nr. 1b UStG die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung zu versagen, wenn der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der ZM nicht, nicht vollständig oder nicht richtig nachgekommen ist.

Geltung auch für innergemeinschaftliches Verbringen: Entsprechendes gilt auch für ein innergemeinschaftliches Verbringen i.S.v. § 6a Abs. 2 UStG, wenn also der Unternehmer Gegenstände seines Unternehmens zur eigenen Verfügung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bspw. zur Lohnbearbeitung transportiert.[4] Ein innergemeinschaftliches Verbringen wird als fiktive innergemeinschaftliche Lieferung behandelt, so dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiung entsprechend gelten. Ist aber der Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerlich nicht registriert, gilt das Verbringen im Abgangsmitgliedstaat nunmehr als steuerpflichtige Lieferung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass weder die MwStSystRL noch das UStG einen Abzug von Vorsteuer aus steuerpflichtigem Verbringen vorsehen, da keine Leistung von einem anderen Unternehmer für das eigene Unternehmen bezogen wird.[5]

Steuerpflichtiges Verbringen oder vorübergehende Verwendung? Insoweit kann auch ein steuerpflichtiges Verbringen (ohne Vorsteuerabzug) vorliegen, wenn die Voraussetzungen für eine vorübergehende Verwendung wegfallen. Bei der vorübergehenden Verwendung verbringt der Unternehmer einen Gegenstand seines Unternehmens zur eigenen Verfügung in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Dieses Verbringen ist aufgrund der Begleitumstände jedoch umsatzsteuerlich unbeachtlich, weil bspw. der Gegenstand im Bestimmungsmitgliedstaat Gegenstand einer Dienstleistung ist oder zur Ausführung einer Dienstleistung verwendet wird und der Gegenstand in den Abgangsmitgliedstaat zurück gelangt. Die vorübergehende Verwendung begründet daher im Bestimmungsmitgliedstaat keine Registrierungspflicht. Fallen jedoch die Voraussetzungen für die vorübergehende Verwendung weg, bevor der Gegenstand in den Abgangsmitgliedstaat zurück gelangt ist, verwirklicht der Unternehmer im selben Moment ein innergemeinschaftliches Verbringen. War der Unternehmer – wie gesetzlich vorgesehen – im Bestimmungsmitgliedstaat nicht registriert, begründet dies ebenfalls ein steuerpflichtiges Verbringen ohne Vorsteuerabzug.[6]

[1] EuGH v. 9.2.2017 – C-21/16, ECLI:EU:C:2017:106 = UR 2017, 271 – Euro Tyre BV II; EuGH v. 20.10.2016 – C-24/15, ECLI:EU:C:2016:791 = UR 2016, 882 – Plöckl; EuGH v. 27.9.2012 – C-587/10, ECLI:EU:C:2012:592 = UR 2012, 832 – VSTR; EuGH v. 6.9.2012 – C-273/11, ECLI:EU:C:2012:547 = UR 2012, 796 – Mecsek Gabona.
[2] Das deutsche UStG hat die durch die Neukodifizierung der 6. EG-Richtlinie du...

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