Leitsatz

Das Verbot der Rückstellungen für drohende Verluste (§ 5 Abs. 4a EStG) begrenzt eine mögliche Teilwertabschreibung nicht. Die Teilwertabschreibung auf teilfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden ist nicht nur hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden Anteils der vereinbarten Vergütung, sondern hinsichtlich des gesamten Verlusts aus dem noch nicht abgewickelten Bauauftrag zulässig.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1, Abs. 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, § 249 Abs. 1, § 253, § 266 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Ein Bauunternehmen – hier eine inzwischen voll beendete KG – hatte für ihre unfertigen Bauten Rückstellungen für drohende Verluste gebildet, obwohl solche Rückstellungen in den Streitjahren 1997 und 1998 schon nicht mehr zulässig waren (§ 5 Abs. 4a, § 52 Abs. 13 EStG).

Das FA hat im Anschluss an das o.a. Schreiben des BMF die Ansicht vertreten, dass zwar eine Teilwertabschreibung i.H.d. auf die teilfertigen Bauten entfallenden Teils der vereinbarten Vergütung zulässig, ein darüber hinausgehender Verlust aber wegen des Verbots der Drohverlustrückstellung unzulässig sei. Dem ist das FG im Ergebnis gefolgt (EFG 2003, 289).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

Das Verbot der Drohverlustrückstellung wirke sich auf die Möglichkeit zur Teilwertabschreibung nicht aus. Die teilfertigen Bauten seien bei einem zu erwartenden Verlust ungeachtet des Umstands, dass es sich noch um schwebende Geschäfte handle, auf die gegenüber ihren Herstellungskosten niedrigeren Teilwerte abzuschreiben; es handle sich bei diesen Bauten – ungeachtet der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse – um Wirtschaftsgüter und noch nicht um realisierte (Kapital-)Forderungen des Bauunternehmers. Da die unfertigen Bauten zum Umlaufvermögen gehörten, gelte auch für sie die am Absatzmarkt orientierte retrograde Bewertungsmethode. Diese führe zur Berücksichtigung des gesamten aus dem Bauauftrag drohenden Verlusts; die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung sei abzulehnen.

Die Sache sei an das FG zurückzuverweisen, weil der bisher festgestellte Sachverhalt nicht erkennen lasse, welche Fallgestaltungen im Einzelnen die Rückstellungen veranlasst hätten. Die Ausführungen des BFH bezögen sich nur auf den Fall, dass der Bauunternehmer verpflichtet sei, die Bauaufträge in Kenntnis ihrer Verlustträchtigkeit zu Ende zu führen.

 

Hinweis

Das vorliegende Urteil ist nicht nur für die Bauwirtschaft, sondern für den gesamten Bereich des Anlagebaus und darüber hinaus für alle Fälle der langfristigen Auftragsfertigung von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. dazu bereits die Anm. von Hoffmann, DStR 2004, 1250 zu dem vorausgehenden Aussetzungsbeschluss). Der BFH hat es in diesem Beschluss (vom 28.4.2004, VIII B 79/03, BFH-PR 2004, 351) für ernstlich zweifelhaft angesehen, ob die von der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 14.11.2000, BStBl II 2000, 1514) vertretene Ansicht, dass eine Teilwertabschreibung auf teilfertige Bauten auf fremdem Grund und Boden nur hinsichtlich des dem jeweiligen Stand der Fertigstellung entsprechenden, auf die Bauten entfallenden Anteils der vereinbarten Vergütung zulässig sei, der Rechtslage entspreche. Der BFH hat diese Ansicht nunmehr abgelehnt.

1. Die erste Frage, die der BFH in diesem Zusammenhang zu prüfen hatte, war die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis der Rückstellung für drohende Verluste zu der Teilwertabschreibung auf den Bilanzposten "unfertige Leistung". Denn einerseits verbietet § 5 Abs. 4a EStG die Drohverlustrückstellungen bei schwebenden Geschäften, andererseits ist bei eben diesen schwebenden Geschäften eine Teilwertabschreibung vorzunehmen, wenn im Auftragsbestand ein Verlust zu erwarten ist und bereits Herstellungskosten auf das herzustellende – in seinem Wert dauernd geminderte – Wirtschaftsgut entstanden sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Wirtschaftlich handelt es sich hier letztlich um denselben Verlust. Das Rangverhältnis zwischen den beiden bilanzrechtlichen Möglichkeiten der Verlustberücksichtigung regelt aber weder das Handels- noch das Steuerbilanzrecht.

Der BFH hat sich mit ausführlicher Begründung für einen Vorrang der Teilwertabschreibung ausgesprochen. Für die Praxis bedeutet das, dass das Verbot der Drohverlustrückstellung auf schwebende Geschäfte beschränkt ist, bei denen es nicht zur Aktivierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut kommt, also insbesondere auf Dauerschuldverhältnisse.

2. Die zweite grundsätzliche Frage war die nach dem Umfang der Teilwertabschreibung. Ist der gesamte Verlust aus dem noch nicht abgewickelten Bauauftrag zu berücksichtigen oder nur der Verlust, der anteilig auf das bereits verwirklichte Bauvorhaben entfällt?

Die Antwort muss davon ausgehen, dass es sich bei den teilfertigen Bauten um Umlaufvermögen handelt. Das legt es nahe, auf die Grundsätze zurückzugreifen, die die Rechtsprechung für die verlustfreie Ermittlung des Teilw...

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