Wertansatz bei Zugang

Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, wie Vorräte oder Forderungen, müssen bei ihrem Zugang sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden. Dabei werden nicht alle Aufwendungen, die mit dem Vermögensgegenstand in Verbindung stehen, einbezogen.

Ansatz des Zugangswertes in der Handelsbilanz

Geht einem Unternehmen ein Vermögensgegenstand zu, muss dieser in der Handels- und in der Steuerbilanz zu einem bestimmten Wert angesetzt werden. Dieser „Zugangswert“ setzt sich entweder aus den Anschaffungs- oder aus den Herstellungskosten des Vermögensgegenstandes zusammen je nachdem, ob das Unternehmen den Vermögensgegenstand erworben oder selbst hergestellt hat. Dieser Wert in Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten darf in der Handelsbilanz nicht überschritten werden (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) – auch dann nicht, wenn es später aus bestimmten Gründen zu einer Werterhöhung über die Anschaffungskosten hinaus kommt.

Ansatz des Zugangswertes in der Steuerbilanz

Davon abweichend kann in der Steuerbilanz als Zugangswert auch ein anderer, an die Stelle der Anschaffungs- und Herstellungskosten tretender Wert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG).

Anschaffungskosten: was zählt dazu?

Die Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB) setzen sich sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz aus den folgenden Aufwendungen abzüglich der Minderungen des Anschaffungspreises (Skonto, Bonus, Rabatt) zusammen:

  • Aufwendungen für den Erwerb des Vermögensgegenstandes
  • Aufwendungen, um den Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten (d.h. wenn sie verbraucht, verwertet oder veräußert werden können) Zustand zu versetzen (z.B. Ablade- und Verladekosten)
  • Aufwendungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können (d.h. Einzelkosten, wie z.B. Einzelfrachten, und keine Gemeinkosten, wie z.B. Abschreibungen für die Lagerhalle)
  • Nebenkosten (z.B. Provisionen, Courtage, Kommissionskosten, Zoll, Lagergelder)
  • Nachträgliche Anschaffungskosten

Beispiele für den Ansatz von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens:

Die folgenden Vermögensgegenstände werden mit ihren Anschaffungskosten bewertet:

  • Vorräte, die für die Produktion bestimmten Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe und zum Verkauf bestimmten Waren werden mit den Anschaffungskosten bewertet.
  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, gegen verbundene Unternehmen oder Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, sofern diese Forderungen angeschafft wurden. Sie sind mit ihrem Geldwert (sog. Nennwert) einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
  • Sonstige Vermögensgegenstände.
  • Wertpapiere des Umlaufvermögens werden mit dem Kaufpreis zuzüglich der Anschaffungsnebenkosten (z.B. Bankspesen, Provisionen, Zuzahlungen bei Kapitalerhöhungen) und abzüglich der Anschaffungspreisminderungen (z.B. Übernahmeprovisionen, Bonifikationen) angesetzt.

Die folgenden Vermögensgegenstände werden mit ihren Herstellungskosten bewertet:

  • Unfertige Erzeugnisse
  • Unfertige Leistungen, u.a. auch die in Ausführung befindlichen Dienstleistungsaufträge von Dienstleistern
  • Fertige Erzeugnisse, u.a. auch Bauten bei Bauunternehmern, auch wenn diese z.B. nur den Rohbau zu liefern haben

Wichtig: Unterscheidung zwischen Fertigungseinzelkosten und Fertigungsgemeinkosten

Sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich müssen die Fertigungseinzelkosten (Materialkosten, Fertigungskosten und Sonderkosten der Fertigung) als Herstellungskosten angesetzt werden (Aktivierungsgebot nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB).

Hinweis: Bei den Fertigungsgemeinkosten werden im Handels- und Steuerrecht unterschieden:

Handelsrecht

Steuerrecht

Aktivierungsgebot (§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB) für angemessene Teile

  • der Materialgemeinkosten

  • der Fertigungsgemeinkosten und

  • des Wertverzehrs des Anlagevermögens, soweit dieser durch die Fertigung veranlasst ist.

Aktivierungsgebot (R 6.3 Abs. 1 EStR 2012) für angemessene Teile

  • der notwendigen Materialgemeinkosten

  • der notwendigen Fertigungsgemeinkosten

  • der angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, 

  • der angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung sowie

  • der Wertverzehr von Anlagevermögen, soweit er durch die Herstellung des Wirtschaftsguts veranlasst ist.

Aktivierungswahlrecht (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB) soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen für:

  • angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung,

  • angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung.

Aktivierungsverbot (§ 255 Abs. 3 Satz 1 HGB) für Zinsen für Fremdkapital allgemein.

Aktivierungswahlrecht (§ 255 Abs. 3 Satz 2 HGB) für  Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.

Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz EStG) für Zinsen für Fremdkapital allgemein.

Aktivierungswahlrecht (R 6.3 Abs. 5 Satz 1 EStR 2012) für Zinsen für Fremdkapital, das zur Finanzierung der Herstellung eines Wirtschaftsguts verwendet wird, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.

Aktivierungsgebot (R 6.3 Abs. 5 Satz 2 EStR 2012) bei Aktivierung in der Handelsbilanz.

Aktivierungsverbot (§ 255 Abs. 2 Satz 4 HGB) für Forschungs- und Vertriebskosten.Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz EStG) für Forschungs- und Vertriebskosten.

Hinweis: Die gesetzlichen Bestimmungen für Anschaffungs- und Herstellungskosten gelten nicht nur für das Umlaufvermögen, sondern auch für das Anlagevermögen. Für die Aktivierung von Herstellungskosten für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögen ist allerdings § 255 Abs. 2a HGB als Sonderbestimmung zu beachten. Zudem gilt in diesen Fällen § 248 Abs. 2 HGB.


Schlagworte zum Thema:  Umlaufvermögen, Bewertung, Anschaffungskosten