So müssen Vermögensgegenstände, deren Wert im Zeitraum vom Zugang bis zum Abschlussstichtag gesunken ist, in der Handelsbilanz auf den niedrigeren Wert abgeschrieben werden, während Bilanzierenden in der Steuerbilanz nach der aktuellen Rechtslage ein Wahlrecht zusteht. Dies kann weitreichende Folgen haben.
Abschreibung in der Handelsbilanz
Ist der Wert im Zeitraum zwischen Zugang und Abschlussstichtag gesunken und ergibt sich dies aus einem Börsen- oder Marktpreis, muss der Bilanzierende den Vermögensgegenstand zum niedrigeren Wert abschreiben (Abschreibungsgebot nach § 253 Abs. 4 HGB). Kann der aktuelle Börsen- oder Marktpreis nicht ermittelt werden und ergibt sich eine Wertminderung aus anderen Umständen, ist der sogenannte beizulegende Wert anzusetzen. Er kann nach den Verhältnissen des Beschaffungsmarktes oder des Absatzmarktes berechnet werden. Es spielt für die Handelsbilanz keine Rolle, ob es sich um eine voraussichtlich dauernde oder nicht dauernde Wertminderung handelt.
Voraussetzung für einen Börsen- oder Marktpreis ist, dass tatsächlich Umsätze stattgefunden haben. Daneben müssen bei der Berechnung des Börsen- oder Marktpreises weitere Feinheiten beachtet werden.
Wichtig: Für den Ansatz des niedrigeren Wertes ist es unerheblich, ob es sich um eine voraussichtlich dauernde oder nur um eine vorübergehende Wertminderung (z.B. Kursschwankungen) handelt.
Tipp: Vergleichen Sie am Abschlussstichtag immer die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit den Börsen- oder Marktpreisen bzw. dem beizulegenden Wert. Denn es muss in diesem Zusammenhang immer der niedrigste Wert von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf der einen Seite und dem Börsen- oder Marktpreis bzw. beizulegenden Wert auf der anderen Seite angesetzt werden (sog. Niederstwertprinzip).
Hinweis: Kapitalgesellschaften und diesen gleich gestellten Personengesellschaften müssen den Betrag der Abschreibungen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausweisen oder im Anhang angeben (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB).
Abschreibung in der Steuerbilanz
Abweichend von der Handelsbilanz besteht für die Steuerbilanz ein
Abschreibungsverbot, wenn der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung niedriger ist;
Abschreibungswahlrecht, wenn der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Das bedeutet, dass der Bilanzierende wählen kann, ob er den Vermögensgegenstand zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder zum niedrigeren Teilwert ansetzen möchte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).
Wichtig: Für die steuerbilanzielle Bewertung kommt es maßgeblich darauf an, wann eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt. In diesem Zusammenhang ist der Zeitpunkt der Veräußerung, Verwertung oder Verwendung des Vermögensgegenstandes des Umlaufvermögens besonders wichtig. Denn: Hält die zum Abschlussstichtag bestehende Wertminderung bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung oder bis zum vorangegangenen Verkaufs- oder Verbrauchszeitpunkt an, ist die Wertminderung voraussichtlich von Dauer. Hierbei kann sich gerade in der aktuellen Situation ein Abwertungsbedarf etwa aufgrund fehlender Marktgängigkeit bedingt durch die Corona-Pandemie ergeben.
Hinweis: Die Finanzverwaltung hat in einem BMF-Schreiben (BMF-Schreiben v. 16.7.2014, IV C 6 - S 2171 - b/09/10002, BStBl. I 2014, S. 1162) dargelegt, wann aus ihrer Sicht von einer dauernden Wertminderung bei Umlaufvermögen, aber auch Anlagevermögen vorliegt. Wer sich an die dort aufgestellten Grundsätze hält, wird regelmäßig keine Probleme mit der Finanzverwaltung haben.
Verzeichnispflicht bei von der Handelsbilanz abweichenden Ansätzen
Für die steuerliche Gewinnermittlung muss grundsätzlich das Betriebsvermögen angesetzt werden, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), (Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens also nach dem Niederstwertprinzip) ausgewiesen wird (§ 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz EStG). Wird jedoch im Rahmen eines steuerlichen Wahlrechtes ein anderer Ansatz gewählt, der nicht den GoB entspricht (z.B. keine Abschreibung zum niedrigeren Wert), muss der betroffene Vermögensgegenstand mit den folgenden Angaben in ein besonderes, laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen werden:
- Tag der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts,
- Anschaffungs- oder Herstellungskosten,
- Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und
- vorgenommene Abschreibungen.
Ohne ein solches Verzeichnis ermittelt die Finanzverwaltung den Gewinn hinsichtlich des betreffenden Vermögensgegenstandes so, als wäre das Wahlrecht nicht ausgeübt worden.
Latente Steuern als Folge abweichender Bewertungen
Ein unterschiedlicher Ansatz von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens in Steuer- und Handelsbilanz kann den Gewinn der Steuerbilanz im Vergleich zur Handelsbilanz erhöhen. Dies wirkt sich wiederum auf die Ertragsteuern aus. Die zu hoch ausgewiesenen Steuern in der Steuerbilanz werden latente Steuern genannt. Sie müssen durch eine Buchung in der Handelsbilanz „ausgeglichen“ werden. Kleine Gesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB müssen allerdings nach § 274a Nr. 4 HGB keine latenten Steuern ausweisen