OFD Frankfurt, 4.11.2003, FG 2020 A - 1 - St II 4.01

 

1. Gegenstand der Klage

Die Klage ist u.a. zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ; ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (sog. Untätigkeitsklage).

Verfahrensgegenstand ist der durch Einspruch angefochtene Verwaltungsakt. Die Klage ist nicht darauf gerichtet, eine Untätigkeit der Behörde zu beseitigen, also z.B. eine Einspruchsentscheidung zu erzwingen. Sie dient vielmehr dazu, dem Rechtsbehelfsführer eine gerichtliche Entscheidung in der Sache selbst zu verschaffen (BFH-Urteil vom 28.10.1975, BStBl 1976 II S. 116, 117). Mit der Klage ist deshalb die Aufhebung oder Änderung des angefochtenen oder der Erlass des abgelehnten Verwaltungsakts zu beantragen (Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage). Für eine Klage, die nur darauf abzielt, das FA zum Erlass einer Einspruchsentscheidung zu verpflichten, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis (BFH-Urteil vom 25.10.1973, BStBl 1974 II S. 116; BFH-Beschluss vom 29.8.1985, BFH/NV 1987 S. 271).

Allerdings kann eine auf §§ 46, 40 FGO gestützte Klage mit dem Antrag, das FA zu verpflichten, über den Einspruch zu entscheiden, in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden (BFH-Beschluss vom 21.8.1974, BStBl 1975 II S. 38; Urteil Hess. FG vom 5.11.1974, EFG 1975 S. 121).

Auf Feststellungsklagen (§ 41 FGO) ist § 46 FGO nicht anzuwenden, da Feststellungsklagen eines Vorverfahrens nicht bedürfen (BFH-Urteil vom 9.5.1985, BStBl 1985 II S. 579).

Eine Untätigkeitsklage, die zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem wegen eines vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahrens weder die Rechtsbehelfsbehörde noch das Finanzgericht eine Entscheidung in der Sache treffen können, ist unzulässig (BFH-Beschlüsse vom 8.5.1992, BStBl 1992 II S. 673 und vom 30.6.1995, BFH/NV 1996 S. 412 m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 46 FGO im Einzelnen vorliegen oder nicht. Die Klage ist deshalb selbst dann unzulässig, wenn die Finanzbehörde dem Kläger den Grund für die Untätigkeit nicht mitgeteilt hatte. Eine rechtsmissbräuchlich erhobenen Untätigkeitsklage kann nicht in die Zulässigkeit hineinwachsen.

 

2. Vorliegen eines zureichenden Grundes

Ein zureichender Grund liegt vor, wenn infolge dieses Grundes bei objektiver Betrachtungsweise eine Entscheidung nicht zu erwarten war. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Hat z.B. das FA die erforderlichen Ermittlungen trotz zügiger Bearbeitung nicht abschließen können oder der Rechtsbehelfsführer die zur Aufklärung des Sachverhalts angeforderten Nachweise und Unterlagen nicht beigebracht oder sich mit einer Aussetzung oder dem Ruhen des Verfahrens einverstanden erklärt (BFH-Beschluss vom 13.5.1971, BStBl 1971 II S. 492), so ist ein zureichender Grund gegeben. Ein zureichender Grund für eine Untätigkeit des FA liegt auch vor, wenn das FA die Durchführung einer Veranlagung vorübergehend ablehnt, da es noch festzustellen hat, welchem Ehegatten bei getrennter Veranlagung die Einkünfte zuzurechnen sind (BFH-Beschluss vom 27.4.2001, BFH/NV 2001 S. 1416). Auch die Mitteilung des FA, dass die Entscheidung von dem Ausgang eines anderen Verfahrens abhängig und gemäß § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt sei (BFH-Beschlüsse vom 31.8.1971, BStBl 1972 II S. 20 und vom 14.10.2002, BFH/NV 2003 S. 197) oder dass es das Ergebnis der vom Rechtsbehelfsführer angeregten Außenprüfung abwarten wolle (BFH-Beschluss vom 9.4.1968, BStBl 1968 II S. 471), ist als zureichender Grund anzusehen. Dagegen kann Arbeitsüberlastung (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20.9.1989, EFG 2000 S. 1021, 1022) oder Aussetzung der Vollziehung für sich allein nicht als entschuldbarer Hinderungsgrund gelten.

 

3. Mitteilung eines zureichenden Grundes

Für die Mitteilung des zureichenden Grundes an den Rechtsbehelfsführer ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Es reicht aus, wenn das FA in klarer Weise bekannt gibt, aus welchem Grund es über den Rechtsbehelf noch nicht entscheidet. Da jedoch etwaige Unklarheiten in der Erklärung einer Behörde zu ihren Lasten gehen, ist dem Rechtsbehelfsführer der zureichender Grund stets schriftlich mitzuteilen.

Kann über den vorliegenden Rechtsbehelf wegen laufender Ermittlungen oder aus anderen Gründen nicht alsbald entschieden werden, so ist dem Rechtsbehelfsführer rechtzeitig vor Beginn der Frist für die Erhebung der Klage i.S. des § 46 Abs. 1 FGO unaufgefordert Zwischennachricht zu erteilen, aus der ersichtlich ist, weshalb eine Sachentscheidung noch nicht getroffen worden und wann mit ihr zu rechnen ist.

Wenn sich die Entscheidung über den mitgeteilten Zeitpunkt hinaus verzögert, muss erneut Zwischennachricht gegeben werden.

 

4. Angemessene Frist für die Entscheidung über den Rechtsbehelf

Welche Frist für die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf angemessen ist, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Die Bedeutung sowie die tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit...

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