Leitsatz

Die wirtschaftliche Eingliederung kann nicht nur aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, Art. 11 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, deren einziger Gesellschafter und Geschäftsführer G ist, vermietete und verwaltete Immobilien. G erwarb als Einzelunternehmen Immobilien. Die GmbH war Teil einer Unternehmensgruppe, die Dienstleistungen im Immobilienbereich anbot (Kauf, Verkauf, Verkaufsvermittlung, Vermietung, Verwaltung durch unterschiedliche Gesellschaften) und die mit G "verflochten" war. Die GmbH verwaltete Mieteinheiten, die sich auf zwölf mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken befanden, die im Eigentum des G standen. Sie mietete Büroräume von einer GbR an, an der G zu 95 % beteiligt ist. Die Klägerin machte geltend, Organgesellschaft des G zu sein. Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (Sächsisches FG, Urteil vom 5.9.2019, 6 K 94/16).

 

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab die Sache an das FG zurück. Das FG habe rechtsfehlerhaft die wirtschaftliche Eingliederung verneint. Im Hinblick auf eine mögliche mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des G sei festzustellen, welche Beziehungen in den Streitjahren zwischen der Klägerin und den anderen Gesellschaften der Unternehmensgruppe bestanden.

 

Hinweis

1. Neues ergibt sich aus dem Leitsatz des Besprechungsurteils nicht.

2. Wichtiger ist, was der BFH vorliegend nicht entschieden hat. Dabei geht es um die Frage, ob es für die wirtschaftliche Eingliederung zur Begründung einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ausreicht, dass ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung zum Organträger oder anderen Organgesellschaften besteht oder ob zur erforderlichen Verflechtung von Unternehmensbereichen entgeltliche Leistungsbeziehungen hinzutreten müssen.

Im Hinblick auf ein früheres BFH-Urteil lässt sich dahin gehend zuspitzen, ob die wirtschaftliche Eingliederung bereits zu bejahen ist, wenn im Rahmen eines aufeinander abgestimmten Konzepts der Organträger Grundstücke liefert, die dann von der Organgesellschaft bebaut werden, oder ob es zusätzlich erforderlich ist, dass zwischen Organträger und Organgesellschaft entgeltliche Leistungen erbracht werden, wie sie in dem damals vom BFH entschiedenen Fall vorlagen (BFH, Urteil vom 29.10.2008, XI R 74/07, BFH/NV 2009, 326, BStBl II 2009, 256).

Es könnte der allgemeinen Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich entsprechen, in derartigen Fällen auf das Erfordernis einer entgeltlichen Leistungserbringung zwischen Organträger und Organgesellschaft oder zwischen Organgesellschaften zu verzichten.

Nach Maßgabe der wenig eindeutigen Feststellungen der Vorinstanz sah sich der BFH nicht gezwungen, diese für die Praxis durchaus bedeutsame Frage zu beantworten. Die weitere Entwicklung hierzu bleibt abzuwarten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.5.2023 – V R 28/20

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