Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerrechtliche Organschaft: keine wirtschaftliche Eingliederung einer entgeltlich die Vermietung bzw. Verwaltung von Immobilien betreibenden, zu einer Immobilien-Unternehmensgruppe gehörenden GmbH in das Immobilienunternehmen ihres alleinigen Geschäftsführers und Gesellschafters infolge der Verwaltung einiger dem Alleingesellschafter gehörender Häuser

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für eine wirtschaftliche Eingliederung als Voraussetzung einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft kann durchaus eine den Betrieb der Untergesellschaft lediglich fördernde Tätigkeit der Obergesellschaft ausreichen. Beispielsweise genügt die Vermietung eines Betriebsgrundstückes, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet.

2. Eine zu einer Immobilien-Unternehmensgruppe gehörende GmbH, die entgeltlich sehr viele Wohn- und Gewerbeimmobilien vermietet bzw. verwaltet und die Aufträge hierzu ohne eigene Aquise größtenteils durch Zutun von Schwestergesellschaften erhalten hat, ist weder deswegen in das Immobilien-Einzelunternehmen ihres Alleingesellschafter und alleinigen Geschäftsführers wirtschaftlich eingegliedert, weil sie auch einige wenige im Eigentum ihres Alleingesellschafters stehende Wohnhäuser verwaltet, noch deswegen, weil sie Büroräume von einer GbR angemietet hat, deren Anteile mehrheitlich vom Alleingesellschafter der GmbH gehalten werden.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2023; Aktenzeichen V R 28/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser auf sich behält.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im vorliegenden Fall in den Streitjahren 2008 bis 2011 eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden hat, bei welcher die Klägerin Organgesellschaft war.

Die Klägerin wird beim Beklagten steuerlich geführt. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermietung und Verwaltung von Wohn- und Gewerbeimmobilien. Über das Vermögen der Klägerin hat das Amtsgericht Dresden mit Beschluss vom xx.xx.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung gemäß § 270 Insolvenzordnung – InsO – angeordnet.

Die Klägerin ist Teil einer seit Anfang der 1990er Jahre aufgebauten Unternehmensgruppe, welche bis zu deren Zusammenbruch und Neustrukturierung Ende 2011 unter dem Namen „…(Unternehmensgruppe (UG))” am Markt auftrat. Zur Firmengruppe gehörten u.a. die Firmen A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A), B GmbH, C GmbH, D GmbH, die Klägerin, E GmbH, S GmbH und G GmbH. Neben der denkmalgerechten Sanierung von Wohn- und Geschäftshäusern sowie der Realisierung von Neubauprojekten hat die UG unter Federführung der A ein komplettes Beratungs- und Leistungsspektrum im Immobilienbereich angeboten. Dazu gehörten die Finanzierungsberatung von Anlegern und Eigentümern, die Vermittlung und Vermarktung, die Vermietung und Verwaltung von Objekten sowie die Projektentwicklung. Dabei hatte jede einzelne Gesellschaft der … Unternehmensgruppe ihren eigenen Tätigkeitsbereich. Ausweislich eines vorliegenden Mustervertrages der UG trat die A dabei als Spitze der … Unternehmensgruppe auf (§ 14 Abs. 3 des Mustervertrages: „… Firmenverbund des Verkäufers…”).

Bei Gründung der Klägerin im Jahr 1994 wurde Herr H als Geschäftsführer bestellt. Herr H war seit der Gründung bis zum 09.05.2011 zu 100 % am Stammkapital der Klägerin beteiligt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 22.12.2011 wurde Herr H als Geschäftsführer abberufen und Herr Rechtsanwalt J zum Geschäftsführer bestellt. H führte ferner ein Einzelunternehmen mit der Bezeichnung „K” in … (Ort). Gegenstand des Einzelunternehmens war der Erwerb von Immobiliarvermögen. Die von Herrn H gehaltenen UG-Beteiligungen wurden von diesem in den Streitjahren nicht dessen Unternehmensvermögen zugeordnet. Über das Vermögen des Herrn H wurde am xx.xx.2012 zunächst vorläufig, dann endgültig das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beigeladene zum Insolvenzverwalter bestellt.

Für die Streitjahre hatte der Beklagte gegenüber der Klägerin folgende Beträge zur Umsatzsteuer festgesetzt:

2008:

… EUR

Bescheid vom 13.12.2011 (Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben)

2009:

… EUR

Bescheid vom 29.12.2011 (Vorbehalt der Nachprüfung besteht)

2010:

… EUR

Bescheid vom 01.02.2012 (Vorbehalt der Nachprüfung besteht)

2011:

… EUR

Bescheid vom 15.08.2013 (Vorbehalt der Nachprüfung besteht)

Am 15.05.2014 hat die steuerliche Vertretung der Klägerin einen Änderungsantrag sowohl schriftlich in einem Antragsschreiben sowie in Form einer geänderten Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2011 (Eingang 16.05.2014) eingereicht. In dieser Erklärung beliefen sich sämtliche erklärten Besteuerungsgrundlagen auf Null Euro. Dies geschah unter Berufung auf eine vermeintlich mit dem Unternehmen des Herrn H bestehende umsatzsteuerliche Organschaft. Bea...

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