Leitsatz

1. Die Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für das betreffende Wirtschaftsgut in früheren Jahren eine AfA in fallenden Jahresbeträgen vorgenommen wurde.

2. Eine Bilanz kann auch dann gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigt werden, wenn ein darin enthaltener Ansatz nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, sondern nur gegen steuerrechtliche Vorschriften verstößt.

3. Kann eine Bilanz auf verschiedenen Wegen berichtigt werden, so obliegt die Auswahl des Korrekturwegs dem Unternehmer.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 2, § 7, § 7a Abs. 4, § 7g Abs. 1 EStG, § 4 FördG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, erwarb im Jahr 1998 eine Glasvorspannanlage. Für diese Anlage nahm sie Absetzungen für Abnutzung (AfA) gem. § 7 Abs. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG vor, wobei sie von einer Nutzungsdauer von zehn Jahren ausging. In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr (2000) nahm die Klägerin für die Anlage außerdem eine Sonderabschreibung nach § 4 FördG in Anspruch. Das FA folgte dem zunächst in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheid.

Im Zug einer Außenprüfung nahm der Prüfer indessen an, dass die Sonderabschreibung durch § 7a Abs. 4 EStG ausgeschlossen sei. Daraufhin legte die Klägerin eine Bilanz vor, in der die Sonderabschreibung sowie lineare AfA berücksichtigt sind. Das FA hielt die Klägerin jedoch nicht für berechtigt, nachträglich die AfA-Methode zu wechseln. Es erließ deshalb einen geänderten Steuerbescheid, in dem es die Sonderabschreibung nicht berücksichtigte.

In dem daraufhin eingeleiteten Klageverfahren begehrte die Klägerin eine Änderung des Steuerbescheids entsprechend der von ihr korrigierten Bilanz. Das FG wies die Klage ab (EFG 2006, 28).

 

Entscheidung

Der BFH sah das anders als das FG und gab der Revision statt. Die Klägerin könne sehr wohl ihre Bilanz wohl in der geschehenen Weise berichtigen und auch die AfA-Methode ändern, um in den Genuss der Sonder-AfA zu gelangen. Einzelheiten ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Den Sachverhalt, über den hier zu entscheiden war, und das Problem, um das es ging, kennen Sie als aufmerksamer BFH-PR-Leser bereits:

Beides findet sich im AdV-Beschluss des BFH vom 23.4.2003, I B 11/03, BFH-PR 2003, 295. Dort hieß es:

"Der AdV-Beschluss des BFH ist für all jene interessant, die für ein bewegliches WG eine Sonderabschreibung in Anspruch nehmen wollen (z.B. nach § 4 FördG), sich daran jedoch gehindert sehen, weil sie bislang regulär degressiv gem. § 7 Abs. 2 EStG abgeschrieben haben und weil § 7a Abs. 4 EStG eine Kumulation von degressiver und Sonderabschreibung (ausgenommen: Sonder-AfA gem. § 7g EStG zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe) explizit ausschließt. Die Sonder-AfA verträgt sich danach zwingend nur mit der AfA nach § 7 Abs. 1 EStG (lineare AfA, Leistungs-AfA, AfA wegen außergewöhnlicher Abnutzung)."

Hier kam ein findiger Berater nun auf die Idee, im Jahr der Sonderabschreibung kurzerhand zur linearen Abschreibung zu wechseln und damit ein (zeitliches) Nebeneinander von regulärer und Sonderabschreibung nach Maßgabe des § 7a Abs. 4 EStG – jedenfalls bei formaler Betrachtung – im Wirtschaftsjahr der Sonderabschreibung zu ermöglichen.

Der BFH hatte, wenn auch nur im Weg des vorläufigen Rechtsschutzes, dem "gewieften" Steuerpflichtigen recht gegeben: Die Rechtslage in § 7a Abs. 4 EStG sei alles andere als eindeutig und klar. Sie verbiete nur ein Nebeneinander von degressiver und Sonderabschreibung, nicht aber ein Hintereinanderschalten beider Abschreibungen. Das lasse die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Steuerbescheids des FA als höchst zweifelhaft erscheinen.

2. Seinerzeit wurde gemutmaßt:

"Alles andere bleibt im Hauptverfahren abzuwarten. Da es um eine reine Rechtsauslegung geht, spricht aber viel dafür, dass die ,vorläufige` Gesetzesexegese des BFH der endgültigen entspricht."

Letzteres hat sich nun tatsächlich bewahrheitet.

3. Der BFH macht überdies wichtige Aussagen zur Bilanzberichtigung.

Erstens: Verstößt eine Bilanz zwar nicht gegen die handelsrechtlichen GoB, sondern "nur" gegen steuerrechtliche Vorschriften, wie hier § 7a Abs. 4 EStG, dann kann der Steuerpflichtige die eingereichte Bilanz gleichwohl gem. § 4 Abs. 2 EStG berichtigen.

Und zweitens: Lässt sich die Korrektur auf unterschiedliche Weise bewerkstelligen, dann bleibt es dem Steuerpflichtigen überlassen, welchen Weg er bevorzugt. Im Urteilsfall konnte dies die "Wegnahme", also die Nichtinanspruchnahme der Sonder-AfA sein, ebenso gut aber auch der Übergang zur linearen Regel-AfA. Der Steuerpflichtige entschied sich für den letzteren, ihm günstigeren Weg. Das durfte er und bleibt beanstandungsfrei.

Konsequenz: Die Bilanzberichtigung kann sozusagen meistbegünstigend ausgeübt werden. Eine gesetzliche Vorgabe, den ihm steuerlich ungünstigsten Weg zu gehen, erkennt der BFH nicht!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.3.2006, I R 83/05

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