Wachstumschanchengesetz: Neues zur steuerlichen Gewinnermittlung

Einige Änderungen, die sich in der steuerlichen Gewinnermittlung ergeben, finden sich im sog. Wachstumschanchengesetz, welches nach dem Hin und Her im Gesetzgebungsverfahren lediglich als ein „Wachstumschanchengesetzchen“ bezeichnet werden kann. Der große Wurf, der angesichts der vielfältigen – teils hausgemachten – wirtschaftlichen Probleme erforderlich ist, ist dieses Gesetz sicherlich nicht.

Umgesetzte Regelungen im Wachstumschancengesetz, beschlossen am 22.3.2024

Das Wachstumschancengesetz hat im Gesetzgebungsverfahren einiges an Bedeutung verloren. Der ursprüngliche Entwurf sah eine Entlastung der Unternehmen um rund 7 Milliarden EUR vor, davon soll noch rund die Hälfte übriggeblieben sein. Insbesondere die Bundesländer haben eine weitergehende Entlastung behindert, da sie sich nicht in der Lage sahen, die Steuerausfälle zu kompensieren. Die jetzige Gesetzesfassung stellt einen Kompromiss dar, der kaum in der Lage sein dürfte, die großen Probleme der deutschen Wirtschaft zu lösen. Hierfür bedürfte es eines großen Wurfs – jenseits ideologischer Gräben.

Positiv ist anzumerken, dass das größte Bürokratiemonster, das im Entwurf enthalten war, nämlich die Einführung einer innerdeutschen Meldepflicht für sogenannte Steuergestaltungen, nicht umgesetzt wurde. Von den umgesetzten Maßnahmen in der Endfassung des Wachstumschancengesetzes, die die steuerliche Gewinnermittlung betreffen, sind die folgenden Maßnahmen zu nennen:

Anhebung der Grenze für Geschenke (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG)

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG dürfen in der bisherigen Fassung des Gesetzes Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenständen insgesamt 35 EUR übersteigen. Dieser Betrag von 35 EUR ist auf 50 EUR angehoben worden. Die Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden , die nach dem 31.12.2023 beginnen (§ 52 Abs. 6 Satz 10 EStG). Angesichts der Preisentwicklung der letzten Jahre ist diese Anpassung sicherlich zwingend.

Änderung bei der Dienstwagenbesteuerung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG)

Nach der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG gilt grundsätzlich die 1 %-Regelung bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Handelt es sich um ein Fahrzeug, dass keine CO2-Emissionen hat (reine Elektrofahrzeuge, inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge) werden nur 25 % der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis) und nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG (Fahrtenbuchregelung) nur 1/4 der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen berücksichtigt. Dies gilt bislang jedoch nur, wenn der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60.000 EUR beträgt. Dieser Höchstbetrag wurde auf 70.000 EUR (lt. Regierungsentwurf noch 80.000 EUR) angehoben. Dies gilt für Anschaffungen nach dem 31.12.2023.

Änderungen im Bereich der AfA (§ 7 EstG)

Gleich mehrere Gesetzesänderungen betreffen die Abschreibungen. Auch diese sollen dazu dienen, dass angeschaffte, hergestellte oder eingelegte Wirtschaftsgüter schneller abgeschrieben werden können.

Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG)

Nach dem für die Jahre 2020 bis 2022 aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie vorübergehend die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geschaffen wurde, wird die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung nunmehr wiederum vorübergehend ermöglicht. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 EStG kann die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind, statt der linearen Abschreibung in Anspruch genommen werden. Der dabei anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 20 % nicht übersteigen.

Befristete degressive AfA für Wohngebäude (§ 7 Abs. 5a EStG)

Zur Bekämpfung des Wohnraummangels wird eine degressive AfA für Gebäude befristet ermöglicht. Diese degressive Abschreibung ist nur für Wohngebäude zulässig, die in Deutschland oder der EU bzw. dem EWR belegen sind. Die Herstellung des Wohngebäudes muss nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 begonnen werden. Maßgeblich ist die Baubeginnsanzeige. Sollten landesrechtlich im Einzelfall keine Baubeginnsanzeigen vorgeschrieben sein, hat der Steuerpflichtige zu erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat (§ 7 Abs. 5a Satz 3 EStG). Im Fall der Anschaffung ist die Inanspruchnahme der degressiven AfA nur dann möglich, wenn der maßgebliche Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.

Die AfA in fallenden Jahresbeträgen kann nach einem unveränderlichen Prozentsatz in Höhe von 5 % vom jeweiligen Buchwert (Restwert) vorgenommen werden (§ 7 Abs. 5a Satz 4 EStG-E). Anders als bei der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG ist für die hier geregelte geometrisch-degressive Abschreibung § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG anzuwenden (§ 7 Abs. 5a Satz 5 EStG). Das bedeutet, dass die degressive Absetzung nach § 7 Abs. 5a EStG im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zeitanteilig zu erfolgen hat. Solange die AfA in fallenden Jahresbeträgen nach § 7 Abs. 5a EStG vorgenommen wird, sind Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen nicht zulässig (§ 7 Abs. 5a Satz 6 EStG). Soweit diese eintreten, kann zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG gewechselt werden. Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht, zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG zu wechseln (§ 7 Abs. 5a Satz 7 EStG). Nach dem Wechsel zur AfA nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a EStG ist die lineare AfA vom Restwert vorzunehmen. Der Restwert ermittelt sich dabei von den um die bisherigen Abschreibungen geminderten ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten; ggf. kommt die Anwendung von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG (AfA nach der verbleibenden tatsächlichen Nutzungsdauer) in Betracht, soweit die Voraussetzungen vorliegen.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau (§ 7b EStG)

Nach der Neufassung des § 7b EStG können für Neubauten bei Mietwohnungen in einem erweiterten Umfang Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden. Die Bemessungsgrundlagen für die Sonderabschreibungen wurden auf 4.000 EUR angehoben, die schädlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten von 4.800 EUR auf 5.200 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche.

Anhebung der Sonderabschreibung nach § 7g EStG

Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG beträgt bisher bis zu 20 % der Investitionskosten und gilt für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten. Die Sonderabschreibung kann unabhängig von der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags geltend gemacht werden und beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden 4 Jahre verteilt werden. Nun wurde die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG auf bis zu 40 % angehoben. Die Neuregelung gilt erstmals für solche Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden (§ 52 Abs. 16 Satz 6 EStG).

Neuerungen bei der Geltendmachung von steuerlichen Verlusten

Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 EStG).

Die Änderungen beim Verlustrücktrag wurden nicht umgesetzt. Hingegen wurden der Verlustvortrag erweitert, wenn auch nicht so umfassen, wie zunächst geplant.

Nach bisherigem Recht ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. EUR bzw. 2 Mio. EUR (zusammenveranlagte Ehegatten) der Verlustvortrag für jedes Verlustvortragsjahr unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, ist der Verlustvortrag auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres beschränkt.

Die Prozentgrenze bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung wurde für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 von derzeit 60 % temporär auf 70 % angehoben. Der Regierungsentwurf sah 80 % vor. Ab dem Veranlagungszeitraum 2028 wird bei der sog. Mindestgewinnbesteuerung dann wieder die Prozentgrenze von 60 % angewendet. Die Änderungen beim Verlustvortrag gem. § 10d Abs. 2 EStG-E sind erstmals für den VZ 2024 anzuwenden (§ 52 Abs. 18b Satz 3 EStG-E).

Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EstG)

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde § 34a EStG, der die Thesaurierungsbegünstigung bei Personengesellschaften regelt, überarbeitet, um die Attraktivität der Thesaurierungsbegünstigung zu erhöhen. Darüber hinaus soll Gestaltungsmodellen entgegengetreten werden, die der Zielsetzung der Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG entgegenlaufen. Für Einzelheiten der komplexen Regelung wird auf entsprechend Ausarbeitungen verwiesen.

Nicht umgesetzte Maßnahmen

An nicht umgesetzten Maßnahmen sind insbesondere die Folgenden Manßnahmen zu nennen:

  • Von erheblicher praktischer Bedeutung wäre die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter 1.000 EUR gewesen. Leider wurde die Maßnahme nicht umgesetzt.
  • Gleiches gilt für die Anhebung der Grenzen für die Bildung eines Sammelposten nach § 6 Abs. 2a Satz 1 und 2 EStG. Die Grenze für die Bildung eines Sammelpostens sollte recht deutlich auf 5.000 EUR angehoben werden (§ 6 Abs. 2a Satz 1 EStG-E). Zugleich sollte die Auflösungsdauer eines gebildeten Sammelpostens von 5 Jahre auf 3 Jahre verringert werden (§ 6 Abs. 2a Satz 2 EStG-E).
  • Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG) bei Auswärtstätigkeiten und doppelter Haushaltsführung im Inland sollten erhöht werden. Dies ist nicht geschehen.
  • Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören auch Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Betriebsveranstaltungen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer – unter den weiteren in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG genannten Voraussetzungen – nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG). Dieser Freibetrag von 110 EUR sollte ab 1.1.2024 auf 150 EUR angehoben werden, was ebenfalls nicht geschehen ist.

Es bleibt zu hoffen, dass der Ankündigung des Bundesfinanzministers, weitere Entlastungen umsetzen zu wollen, Taten folgen und einige der vorstehenden Maßnahmen doch noch ihren Weg ins Gesetz finden.