Leitsatz

In den Veranlagungszeiträumen 1996 und 1997 war eine tarifbegünstigte Veräußerung auch von Bruchteilen eines Mitunternehmeranteils generell noch steuerrechtlich möglich, sofern gleichzeitig die zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen anteilig mitveräußert wurden.

So weit der BFH im Urteil vom 12.04.2000, XI R 35/99 (BFH/NV 2001, 91, BFH/PR 2001, 1) erstmals ausdrücklich die Notwendigkeit einer quotalen Veräußerung auch des Sonderbetriebsvermögens für eine Tarifbegünstigung ausgesprochen hat, lag darin keine einen Vertrauensschutz begründende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Ebenso wenig bestand eine bereits eindeutige, einen Vertrauensschutz eröffnende höchstrichterliche Rechtsprechung hinsichtlich der Qualifizierung reiner Büro- und Verwaltungsgebäude als wesentliche Betriebsgrundlage von Dienstleistungsunternehmen.

 

Normenkette

§ 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG 1997

 

Sachverhalt

Der Kläger war Alleineigentümer einer Büroetage in einem im Jahr 1992 mit weiteren drei Wohneinheiten errichteten Gebäude. Bis zum 31.12.1995 betrieb er dort seine Einzelsteuerberaterpraxis. Zum 02.01.1996 gründeten er und V eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in die der Kläger seine Einzelpraxis gem. § 24 UmwStG 1995 einbrachte. Die GbR ermittelte ihren Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG. An der Gemeinschaftspraxis war der Kläger zunächst mit 99 % und V mit 1 % beteiligt. Sie wurde weiterhin in der im Alleineigentum des Klägers verbliebenen Büroetage ausgeübt, die nunmehr als Sonderbetriebsvermögen behandelt wurde. Zwischen 1996 und 1998 übertrug der Kläger jeweils Bruchteile seines Mitunternehmeranteils auf V. Die Büroetage und den Pkw übernahm der Kläger unter Aufdeckung der stillen Reserven – für die Büroetage i.H.v. 168 560 DM – zum 31.12.1998 in sein Privatvermögen.

Das beklagte FA gewährte in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Feststellungsbescheiden 1996 und 1997 auf die Gewinne aus der Veräußerung der Teil-Mitunternehmeranteile die Tarifermäßigung nach § 16, § 34 EStG. Hingegen gelangte eine im Jahr 2001 durchgeführte Außenprüfung zu dem Ergebnis, die Steuervergünstigung sei zu versagen, weil die Büroetage als wesentliche Betriebsgrundlage nicht gleichzeitig anteilig mit den Mitunternehmeranteilen übertragen worden sei. Dementsprechend erließ das FA gem. § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für 1996 und 1997.

Das FG Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 28.06.2005, 17 K 794/03 F (Haufe-Index 1406714, EFG 2005, 1436) als unbegründet ab.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Zu Recht habe das FG eine Tarifermäßigung auf die Gewinne aus den Veräußerungen von Teil-Mitunternehmeranteilen an der Steuerberater-Sozietät durch den Kläger versagt, weil der Kläger nicht zeitgleich auch jeweils anteilig das als wesentliche Betriebsgrundlage zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende Eigentum an der Büroetage mitveräußert habe.

Ebenso zutreffend habe das FG die Anwendung der Vertrauensschutzregelung gem. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO verneint; denn im Zeitpunkt des erstmaligen Erlasses der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für 1996 und 1997 habe weder hinsichtlich der Qualifizierung eines Büro- und Verwaltungsgebäudes als wesentliche Betriebsgrundlage noch hinsichtlich der Notwendigkeit einer quotalen Mitveräußerung von zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen eine eindeutig günstigere, erst später verschärfte höchstrichterliche Rechtsprechung bestanden. Vielmehr sei die Rechtslage insoweit gerade höchstrichterlich noch nicht eindeutig geklärt gewesen, sondern sie habe sich insoweit erst allmählich entwickelt.

Soweit der BFH im Urteil vom 12.04.2000, XI R 35/99 (BFH/NV 2001, 91) erstmals ausdrücklich für die Gewährung der Tarifbegünstigung die quotale Mitveräußerung von Sonderbetriebsvermögen, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen umfasse, verlangt habe, habe darin, wie bereits der XI. Senat des BFH im Urteil vom 14.02.2007, XI R 30/05 (BFH/NV 2007, 1397) ausgeführt habe, keine Änderung der Rechtsprechung gelegen.

 

Hinweis

1. In den Streitjahren 1996 und 1997 konnte auch noch ein Bruchteil eines Mitunternehmeranteils (Sozietätsanteil) generell tarifbegünstigt veräußert werden (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 und § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997).

2. Erst durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts (UntStFG) vom 20.12.2001 ist § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Weise geändert worden, dass nur noch die Übertragung des "gesamten" Gesellschaftsanteils zu einem begünstigten Veräußerungsgewinn führen kann. Damit ist eine Teilanteilsveräußerung nicht mehr begünstigt, auch wenn das Sonderbetriebsvermögen quotal mit veräußert wird. Während eine unentgeltliche Teilanteilsübertragung nach § 6 Abs. 3 S. 1 2. Halbs. EStG seither gesetzlich als betriebliche Einheit anerkannt wird, ist eine entgeltl...

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