Kein Tatvorsatz notwendig: Ordnet man diese Entscheidung näher ein, so lässt sich erst einmal feststellen, dass es hinsichtlich der Frage der steuerlichen Geltendmachung von Strafverteidigungskosten unerheblich ist, ob eine Straftat vorsätzlich begangen wurde. Dies ergibt sich bereits aus § 40 AO[5].

Belanglos ist daher auch, ob der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige mit seinem Strafverteidiger zur Wehr setzt, zu Recht oder zu Unrecht erfolgte[6].

Beraterhinweis Auch bei vorsätzlichen Straftaten, die dem Steuerpflichtigen zu Recht vorgeworfen werden, kommt eine Geltendmachung der Strafverteidigungskosten als BA/WK in Betracht.

Handlung i.R.d. beruflichen Zielvorstellung: Für die steuerliche Geltendmachung dieser Aufwendungen als BA/WK reicht es nicht aus,

  • dass die Strafverteidigungskosten und damit die Straftat gelegentlich der Berufsausübung verursacht wurden, bzw.
  • dass die Ausübung des Berufes nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Tatbegehung auch entfiele (conditio sine qua non)[7].

Beachten Sie: Es können nur die Strafverteidigungskosten anerkannt werden, welche aus solchen Handlungen herrühren, die noch i.R.d. beruflichen Zielvorstellung vorgenommen wurden[8].

D.h. die Tat muss nach der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte

  • ausschließlich und
  • unmittelbar

aus der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein[9].

Beachten Sie: Folglich war es im Fall, den der BFH mit Beschluss v. 31.3.2022[10] entschieden hatte, nicht ausreichend, dass dem Steuerpflichtigen die entsprechenden Straftaten (Lohnsteuerhinterziehung und Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) allein aus seiner beruflichen Position als Geschäftsführer heraus ermöglicht wurden.

Beweispflicht für betriebliche/berufliche Veranlassung: In diesem Zusammenhang muss man sich auch vergegenwärtigen, dass die Abziehbarkeit von Strafverteidigungskosten als BA/WK die Ausnahme ist, da solche Aufwendungen grundsätzlich zu den Kosten der privaten Lebensführung zählen. Insoweit ist auch der Steuerpflichtige für die betriebliche/berufliche Veranlassung beweispflichtig, um die diesbezügliche Ausnahme zu belegen[11].

Beraterhinweis Der Steuerpflichtige ist für die betriebliche/berufliche Veranlassung der Straftat beweispflichtig.

[7] BFH v. 13.12.2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569; BFH v. 18.9.1987 – VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353; BFH v. 20.10.2016 – VI R 27/15, BStBl. II 2018, 441 = EStB 2017, 9 (Weiss) (bezüglich Schadensersatzleistungen); FG Münster v. 20.11.2018 – 15 K 655/16 E, EFG 2019, 90 betraf den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen einen Betreuer, Werbungskosten wurden hier verneint.
[8] FG Rheinland-Pfalz v. 20.10.2020 – 5 K 1613/17, NWB DAAAH-65139 (Rev. unter X R 34/20): "Der Betriebsausgabenabzug von Strafverteidigungskosten setzt voraus, dass die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist. In Fällen, in denen aufgrund der Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens nach § 153a StPO weder eine Verurteilung noch ein Freispruch des Steuerpflichtigen erfolgt, ist für die Beurteilung des für den Betriebsausgabenabzug erforderlichen Veranlassungszusammenhangs mit der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf den Anklagevorwurf abzustellen". Vgl. auch FG Rheinland-Pfalz v. 9.9.2009 – 2 K 2772/08, EFG 2010, 1308; BFH v. 18.10.2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223 = EStB 2008, 12 (Aweh); FG Münster v. 19.8.2011 – 14 K 2610/10 E, PStR 2011, 302 mit Anm. Schelling (der Fall betraf Verteidigungskosten, die einem ehemaligen Schulleiter wegen eines Strafverfahrens mit Tatvorwurf Falschaussage entstanden).
[9] BFH v. 9.2.2012 – VI R 23/10, BStBl. II 2012, 829 = EStB 2012, 283 (Brill); BFH v. 10.6.2015 – VI B 133/14, BFH/NV 2015, 1247; FG München v. 27.7.2015 – 10 K 3179/13, DStRE 2017, 346, wobei das FG München darauf abstellt, dass Prozesskosten als Folgekosten die einkommensteuerliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren, teilen. Insofern seien grundsätzlich Strafverteidigungskosten kein betrieblicher bzw. beruflicher Aufwand, was sich aus § 12 Nr. 4 EStG ergäbe, es sei denn, die ihnen zugrunde liegende Tat ist ausnahmsweise eindeutig der steuerbaren betrieblichen bzw. beruflichen Sphäre zuzuordnen.

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