Entscheidungsstichwort (Thema)

Abziehbarkeit von Strafverteidigerkosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Strafverteidigerkosten eines - nicht verurteilten - Betreuers aufgrund eines gegen ihn gerichteten Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs sind nicht als Werbungskosten abziehbar.

2) Durch Honorarvereinbarungen angefallene, über die erstattungsfähigen Aufwendungen hinausgehende Strafverteidigerkosten sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

 

Normenkette

EStG §§ 33, 9 Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob Aufwendungen für Strafverteidiger als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder jedenfalls alsaußergewöhnliche Belastung abziehbar sind.

Der Kläger war im […] des Kirchenkreises S-Stadt, einer …, als Arbeitnehmer tätig. Dort war er Betreuer einer Gruppe …. Von zwei Frauen, die als betreute Personen in der … beschäftigt waren, wurden Strafanzeigen mit dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses gegen den Kläger erhoben. Eines der beiden Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft C-Stadt eingestellt. In dem anderen Verfahren wurde die Anklage durch das Landgericht C-Stadt mit der Begründung nicht zugelassen, dass § 174a des Strafgesetzbuches (StGB) tatbestandlich nicht erfüllt sei. Das Landgericht C-Stadt entschied außerdem, dass die Landeskasse die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten, also des Klägers dieses Verfahrens, zu tragen habe.

In seiner Steuererklärung für das Jahr 2013 machte der Kläger 12.489,69 € als Werbungskosten geltend, die auf Rechnungen der Rechtsanwälte R. und K. beruhten. Darin rechneten die beiden Anwälte ihre Honorare für die Strafverteidigung ab. Eine der Rechnungen über 1.785 € datiert nicht aus dem Streitjahr 2013, sondern vom 19.3.2014. Neben den Strafverteidigerkosten machte der Kläger weitere Werbungskosten (für Arbeitsmittel, Kontoführungsgebühren und Steuerberatungskosten in Höhe von 189 € sowie in einem gesonderten Schreiben vom 2.2.2015 weitere Anwaltskosten in Höhe von 102 € im Zusammenhang mit dem Arbeitsgerichtsverfahren gegen seinen Arbeitgeber wegen der erfolgten fristlosen Kündigung) geltend.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 3.3.2015 die Einkommensteuer für 2013 unter Berücksichtigung des Werbungskostenpauschbetrags bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit auf 7.122 € fest. Ausweislich der Erläuterungen zum Bescheid berücksichtigte der Beklagte – anders als die ebenfalls geltend gemachten Kosten für den arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit – Strafverteidigerkosten i. H. von 12.585 € nicht. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 5.2.2016 als unbegründet zurückwies. Hierzu führte der Beklagte unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 18.10.2007 VI R 42/04, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 219, 197, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2008, 223) aus, dass die Kosten der Strafverteidigung weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Die dem Kläger zur Last gelegten Taten würden in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit stehen. Es sei im Streitfall unstrittig, dass persönliche Beziehungen und körperlicher Kontakt nicht zum beruflichen Aufgabenfeld des Klägers gehören würden. Dass die dem Kläger zur Last gelegten Straftaten während seiner Arbeitszeit am Arbeitsort begangen worden seien, führe nicht zu einem unmittelbaren Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit. Unbeachtlich sei auch, dass die Handlungen nicht strafbar gewesen seien. Die Aufwendungen seien auch nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass ihm gestattet werden müsse, die Kosten der Strafverteidigung als Werbungskosten abzuziehen. Die ihm vorgeworfenen Übergriffe hätten sich eindeutig im Rahmen der beruflichen Tätigkeit bewegt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass er, der Kläger, die betreuten Personen während der Mittagspause zu beaufsichtigen gehabt habe. Er habe das Betriebsgelände während der Mittagspause nicht verlassen dürfen. Daher habe er sich ausschließlich aus beruflichen Gründen in der … aufgehalten. Er habe die betreuten Personen nur während seiner Arbeitszeit und nicht in seiner außerberuflichen Freizeit getroffen. Dass strafrechtlich kein Obhutsverhältnis zu den Anzeigeerstatterinnen angenommen worden sei, bedeute nicht, dass er, der Kläger, nicht beruflich tätig gewesen sei. Die ihm vorgeworfenen Taten seien in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit und nicht nur bei deren Gelegenheit erfolgt und es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit. Er hätte nie Kontakt zu den Anzeigeerstatterinnen gehabt, wenn er nicht in den […] gearbeitet hätte. Ein engerer Zusammenhang sei nicht möglich. Die ihm vorgeworfenen Taten seien nur und unmittelbar aus seiner beruflichen Tätigkeit heraus erkl...

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