A. Historische Entwicklung

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Auch in der ehemaligen DDR galt ein Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.[2] Mit der Wiederherstellung der Deutschen Einheit[3] wurden deshalb durch besondere Anwendungsvorschriften und Übergangsregelungen geschaffen. Man vereinbarte im Einigungsvertrag v. 31.8.1990, dass das ErbStG-DDR nur noch für alle vor dem 1.1.1991 entstandenen Steueransprüche anwendbar sein sollte. An diesem Tag trat das Recht der Besitz- und Verkehrsteuern der Bundesrepublik Deutschland in den neuen Bundesländern in Kraft.[4]

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber wollte für das Jahr 1990 die Anwendung verschiedener Steuerrechtssysteme im Beitrittsgebiet vermeiden und entschied sich für eine – vermeintlich[6] – klare Regelung: Das ErbStG 1974 war dort erstmals auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31.12.1990 entstand (§ 37a ErbStG a.F.)[7], d.h. das ErbStG-DDR galt auch noch in der Zeit vom 3.10.–31.12.1990.[8] Damit galt, wie üblich, eine dem Steuerentstehungszeitpunkt folgende Stichtagsregelung: Entstand der Steueranspruch nach dem 31.12.1990, unterlag der Erwerb stets dem ErbStG 1974. Entstand der Steueranspruch vor dem 1.1.1991, mussten die Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzämter die Besteuerung nach dem ErbStG-DDR vornehmen.[9] Zu Kollisionen konnte allerdings die ab 1.7.1990 wirksame Aufhebung des § 2 Abs. 3 ErbStG 1974[10] führen: Im 2. Halbjahr 1990 verwirklichte Erwerbsfälle unterlagen deshalb ggf. beiden deutschen Erbschaftsteuergesetzen.[11]

 

Rz. 3– 4

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2018
[2] Siehe die synoptische Darstellung des ErbStG der Bundesrepublik Deutschland und der DDR von Pietsch, UVR 1990, 300 (334, 361).
[3] Zur Erinnerung: Nach den Ereignissen v. 9.11.1989 kam es zunächst am 1.7.1990 zu einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion beider deutschen Staaten (Gesetz zum Staatsvertrag v. 18.5.1990 über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion v. 25.6.1990, BGBl. II 1990, 518), bevor sich am 3.10.1990 der Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland ereignete (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Einigungsvertrags).
[4] Einigungsvertragsgesetz v. 23.9.1990, BGBl. II 1990, 885; Auszüge aus dem Einigungsvertrag v. 31.8.1990 in BStBl. I 1990, 656; hier: Anlage I Kap. IV Sachgebiet B Abschn. II Nr. 14 Abs. 1 (BStBl. I 1990, 669).
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2018
[6] Krit. insbesondere Meincke9, § 37a ErbStG Rz. 4.
[7] Aufgehoben durch Art. 2 Nr. 15 JStG 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, 2049.
[8] FG Bdb. v. 13.4.1994 – 1 K 461/93 Erb, EFG 1994, 893; Arbeitshinweise des Min. d. Finanzen der DDR v. 22.8.1990, BStBl. I 1990, 546 (548/549).
[9] H 90 Nr. 1 ErbStH 2003; BFH v. 30.5.2001 – II R 4/99, BStBl. II 2001, 606; BezG Dresden v. 29.4.1992 – 1 K 10/91 (FG), EFG 1992, 471 (krit.: Meincke15, § 37a ErbStG Rz. 2); FG Bdb. v. 13.4.1994 – 1 K 461/93 Erb, EFG 1994, 893; s. aber auch FG Leipzig v. 30.6.1993 – 1 V 11/93, EFG 1993, 665.
[10] Art. 13 des Gesetzes zum Staatsvertrag v. 18.5.1990 über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion v. 25.6.1990, BGBl. II 1990, 518.
[11] Die Kollisionsregel für Erbschaftsteuerfälle enthielt Art. 31 Abs. 4, 5 des Staatsvertrags v. 18.5.1990 über die Schaffung einer Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion v. 25.6.1990, BGBl. II 1990, 537 (543). Für einschlägige Schenkungsteuerfälle galt eine entsprechende Verwaltungsanweisung; Ländererlasse v. 3.12.1991, BStBl. I 1992, 31. Siehe auch FG BW v. 24.10.2003 – 9 K 8/99, EFG 2005, 369.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.06.2018

B. Aktuelle Rechtslage

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Seither sind bald 30 Jahre vergangen. Nur wenige Fälle, in denen die Anwendung des ErbStG-DDR streitig wurde, dürften noch nicht rechtskräftig entschieden sein. Im Übrigen unterlagen auch die nach dem ErbStG-DDR zu besteuernden Erwerbe der Festsetzungsverjährung mit der AO 1977 entsprechenden Anlauf- und Ablaufhemmungsregeln.[2] Allenfalls nicht entdeckte Schenkungen könnten daher noch besteuert werden (§ 170 Abs. 5 Nr. 2 AO-DDR 1990).

 

Rz. 6

[Autor/Stand] I.d.R. kommt es heutzutage nicht mehr zur Anwendung des § 37a Abs. 2 Satz 1 ErbStG. Die Norm griff nur in Erbfällen, wenn die ohnehin weitgehend identischen Steuerentstehungsvorschriften des § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und des § 14 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG-DDR ausnahmsweise zu unterschiedlichen Stichtagen führten.

 

Rz. 7

[Autor/Stand] § 37a Abs. 2 Satz 2 ErbStG trägt der Tatsache Rechnung, dass auch nach § 34 ErbStG-DDR – unter ähnlichen Voraussetzungen wie nach der für Erwerbe vor dem 31.8.1980 geltenden Vorschrift des § 25a ErbStG a.F. – die Versteuerung ausgesetzt werden konnte. Kam/kommt es in derartigen Fällen zur Beendigung der Aussetzung, stellt die entsprechende Anwendung des § 9 Abs. 2 ErbStG eine einheitliche Handhabung sicher; d.h. erst dann entsteht der Steueranspruch und der Erwerb ist damit nach dem aktuell gültigen ErbStG zu besteuern (s. auch § 35 ErbStG Anm. 64).[5]

 

Rz. 8

[Autor/Stand] § 37a Abs. 4 ErbStG rekurriert auf § 14 ErbSt...

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