Rz. 111

[Autor/Stand] Mit dem im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022[2] neu aufgenommenen § 15 Abs. 6 Satz 1 GrStG wird allgemein gültig geregelt, dass der Abschlag auf die Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG auf Antrag zunächst für jeden Erhebungszeitraum innerhalb des Hauptveranlagungszeitraums gewährt wird, wenn nachgewiesen wird, dass die jeweiligen Voraussetzungen am Hauptveranlagungszeitpunkt vorliegen. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit die Nachweislast.

 

Rz. 112

[Autor/Stand] Sollten die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG erst im Laufe des Hauptveranlagungszeitraums eintreten und liegen diese zu Beginn eines Erhebungszeitraums vor, wird der Steuermessbetrag auf Antrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrStG neu veranlagt, § 15 Abs. 6 Satz 2 GrStG. D.h. eine entsprechende Ermäßigung der Steuermesszahl erfolgt auf Antrag für die Erhebungszeiträume, zu deren Beginn die obigen Voraussetzungen erfüllt sind. Der Steuermessbetrag wird sodann zu Beginn desjenigen Kalenderjahres neu veranlagt, auf dessen Beginn die Voraussetzungen erstmalig vorliegen, vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 GrStG sowie die entsprechende Kommentierung.

 

Rz. 113

 

Beispiel:

Ein ländlich gelegenes und kulturhistorisch wertvolles Einfamilienhaus wird im November 2027 von der zuständigen Denkmalschutzbehörde in die Denkmalliste aufgenommen und steht fortan vollständig unter Denkmalschutz.

Da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 GrStG erst im Laufe des Hauptveranlagungszeitraums eintreten, wird der Steuermessbetrag auf Antrag auf den 1.1.2028, also ab dem Erhebungszeitraum, zu dessen Beginn die Voraussetzung des Denkmalschutzes erfüllt ist, neu veranlagt. Ab diesem Zeitraum ist nur noch die ermäßigte Steuermesszahl von 0,279 Promille (Steuermesszahl für Wohngrundstücke i.H.v. 0,31 ‰ abzgl. 10 % Ermäßigung wegen Denkmalschutz) der Ermittlung des Grundsteuermessbetrags zugrunde zu legen.

 

Rz. 114

[Autor/Stand] Entfallen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG, regelt § 15 Abs. 6 Satz 3 GrStG, dass dies nach § 19 Abs. 2 GrStG anzuzeigen und der Steuermessbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrStG neu zu veranlagen oder nach § 21 GrStG zu ändern ist. In diesen Fällen erfolgt somit nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 GrStG eine Neuveranlagung des Steuermessbetrags ohne entsprechende Ermäßigung ab dem Beginn des auf den Wegfall der Voraussetzungen folgenden Kalenderjahres (§ 17 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 GrStG). Vgl. hierzu das Beispiel unter Rz. 106. In den Fällen des § 21 GrStG erfolgt eine Änderung des Steuermessbetrags zum Hauptveranlagungszeitpunkt. Vgl. hierzu auch die Kommentierung zu §§ 17 und 21 GrStG.

 

Rz. 115

[Autor/Stand] Nach § 19 Abs. 2 GrStG hat den Wegfall der Voraussetzungen für die ermäßigte Steuermesszahl derjenige anzuzeigen, der nach § 10 GrStG als Steuerschuldner in Betracht kommt. Die Anzeige ist innerhalb von drei Monaten nach dem Wegfall der Voraussetzungen bei dem Lagefinanzamt zu erstatten, das für die Festsetzung des Steuermessbetrags zuständig ist. Nach § 19 Abs. 3 GrStG sind die Anzeigen Steuererklärungen i.S.d. Abgabenordnung, die eigenhändig zu unterschreiben sind.

 

Rz. 116

[Autor/Stand] In der Praxis ist zu beachten, dass sich die Anzeigefristen des § 19 Abs. 2 Satz 2 GrStG und des § 228 Abs. 2 Satz 3 BewG deutlich voneinander unterscheiden. So ist bspw. eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in Form einer größeren Wohnfläche durch Anbau, die sich auf die Höhe des Grundsteuerwerts auswirkt, auf den Beginn des folgenden Kalenderjahres nach § 228 Abs. 2 BewG anzuzeigen. Die Frist hierfür beträgt einen Monat und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Der Wegfall der Voraussetzungen für die Ermäßigung einer Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG ist hingegen innerhalb von drei Monaten nach dem Wegfall der Voraussetzungen anzuzeigen. Anzeigepflichtiger i.S.d. § 228 BewG ist grds. der Steuerpflichtige, dem die wirtschaftliche Einheit zuzurechnen ist (§ 228 Abs. 3 BewG) und i.S.d. § 19 GrStG der Steuerpflichtige, der nach § 10 GrStG als Steuerschuldner in Betracht kommt. Insoweit dürfte regelmäßig eine Personenidentität vorliegen. Vgl. hierzu auch die Kommentierung zu § 228 BewG und § 19 GrStG.

 

Rz. 117

 

Beispiel:

Die Wohnbau GmbH hat 2012 ein nach dem Wohnraumförderungsgesetz NRW gefördertes Mehrfamilienhaus errichtet. Die 15-jährige Bindungsfrist für die verbilligte Wohnraumüberlassung läuft zum 31.5.2027 aus. Noch im Jahr 2027 nimmt die Wohnbau GmbH eine Aufstockung des Gebäudes vor. In diesem Zuge erhöht sich die Wohnfläche des Mehrfamilienhauses um 300 m2. Die Baumaßnahme ist am 15.10.2027 abgeschlossen.

Mit Ablauf der Bindungsfrist für die verbilligte Wohnraumüberlassung endet die Voraussetzung für die Ermäßigung der Steuermesszahl nach § 15 Abs. 3 GrStG. Dies ist von der Wohnbau GmbH nach § 19 Abs. 2 Satz 2 GrStG innerhalb von drei Monaten nach Wegfall, also spätestens bis zum 31.8.2027 anzuzeigen. Die daraus resultierende Änderung wirkt sich (nur) auf den Grundsteuermessb...

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