Rz. 40.1

[Autor/Stand] Ein Industriegebäude in Massivbauweise ist für Schenkungsteuerzwecke auf den 15.7.2022 zu bewerten. Das Gebäude wurde im Rahmen eines Nutzungsrechts auf fremdem Grund und Boden errichtet. Es wird in vollem Umfang zu eigenen betrieblichen Zwecken genutzt und unterliegt einer Spezialnutzung. Das Gebäude wurde 1997 fertig gestellt und weist einen mittleren Gebäudestandard (Stufe 3 = Basis) auf. Die Restlaufzeit des Nutzungsrechts beträgt am Bewertungsstichtag noch fünf Jahre (bis 31.7.2027). Das Gebäude ist bei Beendigung des Nutzungsrechts zu beseitigen. Die Brutto-Grundfläche des Gebäudes beträgt 2.750 m[2].

Das Industriegebäude wurde von einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens errichtet und ist dem anderen aufgrund der Abrissverpflichtung als Scheinbestandteil des Grund und Bodens zuzurechnen. Es handelt sich damit um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Das Industriegebäude stellt ein Geschäftsgrundstück (nach § 181 Abs. 6 BewG) dar, da das Grundstück zu 100 % den eigenen gewerblichen Zwecken dient.

Für das Geschäftsgrundstück lässt sich aufgrund der Spezialnutzung keine übliche Miete ermitteln, so dass die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden im Rahmen des für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltenden (neuen) Sachwertverfahrens erfolgt (§ 195 Abs. 2 BewG i.V.m. §§ 189 ff. BewG).

Die typisierte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt für ein Industriegebäude nach Anlage 22 zum BewG 40 Jahre. Bedingt durch den bei Beendigung des Pachtverhältnisses notwendigen Abriss des Gebäudes ergibt sich für das Industriegebäude eine verkürzte tatsächliche Gesamtnutzungsdauer (§ 195 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 4 BewG). Die tatsächliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes beträgt 30 Jahre (1997 bis 2027). Am Bewertungsstichtag ist das Gebäude 25 Jahre alt (1997 bis 2022). Für die Ermittlung des Gebäudesachwerts ist das (neue) Sachwertverfahren anzuwenden (vgl. Kommentierung zu § 190 BewG n.F.). Bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts ist die Regelung zum Mindestrestwert i.H.v. 30 % der Gebäuderegelherstellungskosten (vgl. § 190 Abs. 4 Satz 5 BewG) aufgrund der bestehenden Abrissverpflichtung und der damit tatsächlich begrenzten Restnutzungsdauer unbeachtlich.

Eine Anpassung des Gebäudesachwerts an den gemeinen Wert durch Sachwertfaktor bzw. Wertzahl erfolgt bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nicht (s. Rz. 17).

 
Regelherstellungskosten 950 EUR/m2  
(lt. Anlage 24, Teil II zum BewG[2] für ein Industriegebäude in Massivbauweise, Gebäudestandard Stufe 3 = Basis; Gebäudeart 15.4)    
× Baupreisindex 2022 Nichtwohnen[3] 142,0 %  
× Brutto-Grundfläche 2.750 m2  
Gebäuderegelherstellungswert 3.709.750 EUR  
– Alterswertminderung – 3.091.459 EUR  
(Alter des Industriegebäudes in Massivbauweise am Stichtag 25 Jahre, tatsächliche Gesamtnutzungsdauer = 30 Jahre, Alterswertminderung 25 Jahre/30 Jahre = 83,33 %, keine Beschränkung auf maximal 70 %)    
Gebäudesachwert = 618.291 EUR  
(kein Mindestwertansatz nach § 190 Abs. 4 Satz 5 BewG von 30 % des Gebäuderegelherstellungswerts)    
Grundbesitzwert   618.291 EUR
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.04.2023
[2] I.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592.
[3] Vgl. § 190 BewG n.F. Rz. 65 ff. sowie BStBl. I 2022, 181.

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