Rz. 40

[Autor/Stand] Ein Industriegebäude mit Büro- und Sozialtrakt ist für Schenkungsteuerzwecke auf den 6.3.2015 zu bewerten. Das Gebäude wurde im Rahmen eines Nutzungsrechts auf fremdem Grund und Boden errichtet, wird in vollem Umfang zu eigenen betrieblichen Zwecken genutzt und unterliegt einer Spezialnutzung. Das Gebäude wurde 1990 fertig gestellt und weist eine mittlere Ausstattung auf. Die Restlaufzeit des Nutzungsrechts beträgt am Bewertungsstichtag noch fünf Jahre (bis April 2020). Das Gebäude ist bei Beendigung des Nutzungsrechts zu beseitigen. Eine übliche Miete lässt sich wegen der Nutzung zu Spezialzwecken nicht ermitteln. Die Brutto-Grundfläche des Gebäudes beträgt 2.750 m[2].

Das Industriegebäude wurde von einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens errichtet und ist dem anderen aufgrund der Abrissverpflichtung als Scheinbestandteil des Grund und Bodens zuzurechnen. Es handelt sich damit um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Das Industriegebäude mit Büro- und Sozialtrakt stellt ein Geschäftsgrundstück (nach § 181 Abs. 6 BewG) dar, da das Grundstück zu 100 % den eigenen gewerblichen Zwecken dient.

Für das Geschäftsgrundstück lässt sich aufgrund der Spezialnutzung keine übliche Miete ermitteln, so dass die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden im Rahmen des Sachwertverfahrens erfolgt (§ 195 Abs. 2 BewG i.V.m. §§ 189 ff. BewG). Da der Bewertungsstichtag vor dem 1.1.2016 liegt, ist das "alte" (für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2015 geltende) Sachwertverfahren maßgebend.

Die typisierte wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer beträgt für ein Industriegebäude mit Büro- und Sozialtrakt nach Anlage 22 zum BewG a.F. 50 Jahre. Bedingt durch den bei Beendigung des Pachtverhältnisses notwendigen Abriss des Gebäudes ergibt sich für das Industriegebäude mit Büro- und Sozialtrakt eine verkürzte tatsächliche Gesamtnutzungsdauer (§ 195 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 4 BewG a.F.). Die tatsächliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes beträgt 30 Jahre (1990 bis 2020). Am Bewertungsstichtag ist das Gebäude 25 Jahre alt (1990 bis 2015). Für die Ermittlung des Gebäudesachwerts sind in Abhängigkeit des Bewertungsstichtags die Regelherstellungskosten 2010 maßgebend (vgl. Kommentierung zu § 190 BewG a.F.). Bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts ist die Regelung zum Mindestrestwert i.H.v. 40 % der Gebäuderegelherstellungskosten (vgl. § 190 Abs. 2 Satz 4 BewG a.F.) aufgrund der bestehenden Abrissverpflichtung und der damit tatsächlich begrenzten Restnutzungsdauer unbeachtlich.

Eine Anpassung des Gebäudesachwerts an den gemeinen Wert durch Sachwertfaktor bzw. Wertzahl erfolgt bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nicht (s. Rz. 17).

 
Regelherstellungskosten 2010 1.160 EUR/m[2]  
(lt. Anlage 24, Teil II zum BewG a.F.[2] für ein Industriegebäude mit Büro- und Sozialtrakt, Baujahr 1990, mittlerer Ausstattungsstandard; Gebäudeklasse 3 .382)    
× Brutto-Grundfläche 2.750 m[2]  
Gebäuderegelherstellungswert 3.190.000 EUR  
– Alterswertminderung – 2.658.333 EUR  
(Alter des Industriegebäudes mit Büro- und Sozialtrakt am Stichtag 25 Jahre, tatsächliche Gesamtnutzungsdauer = 30 Jahre, Alterswertminderung 25 Jahre/30 Jahre = 83,33 %, keine Beschränkung auf maximal 60 %)    
Gebäudesachwert = 531.667 EUR  
(kein Mindestwertansatz nach § 190 Abs. 2 Satz 4 BewG a.F. von 40 % des Gebäuderegelherstellungswerts)    
Grundbesitzwert   531.667 EUR
[Autor/Stand] Autor: Mannek/Krause, Stand: 01.04.2023
[2] I.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes v. 7.12.2011, BGBl. I 2011, 2592.

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