Rz. 255
[Autor/Stand] Infolge der Gütergemeinschaft fällt jeder zusätzliche Vermögenserwerb beider oder nur eines Ehegatten im Zweifel ins Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB) und ist ihnen daher für steuerliche Zwecke nur hälftig zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Faktisch verdoppeln sich dadurch ihre persönlichen Freibeträge. Beispiele:
- Steht der Ehegattenfreibetrag noch oder wieder (§ 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG)[2] zur Verfügung, kann zurückbehaltenes Vorbehaltsgut bis zu einem Wert von 1 Mio. EUR (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ohne schenkungsteuerliche Belastung unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen eingebracht werden.
- Jeder Ehepartner kann während fortdauernder Gütergemeinschaft von einem Elternteil Vermögen bis zum Wert von 800.000 EUR erbschaft-/schenkungsteuerfrei erwerben, wenn der Erblasser/Schenker nicht den Erwerb zum Vorbehaltsgut bestimmt (§ 1418 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder die Ehegatten dies bereits ehevertraglich ausgeschlossen haben.[3] Beachten Sie: Die Finanzverwaltung lehnt eine Inanspruchnahme des stets mitbereicherten anderen Ehegatte nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ab, da er kraft Gesetzes erwerbe und insoweit auch keine Ehegattenschenkung erfolge.[4] Man muss diese Meinung nicht teilen (s. Rz. 256).
Rz. 256
[Autor/Stand] Unentgeltliche Leistungen aus dem Gesamtgut sind – unbestritten – stets als anteilige freigebige Zuwendungen beider Ehegatten zu behandeln;[6] belegbar auch durch § 2054 Abs. 1 Satz 1 BGB.[7] Warum soll dies nicht entsprechend für Zuwendungen in das Gesamtgut gelten? Das Gesamtgut ist gemeinschaftliches Vermögen der Ehepartner (§ 1416 Abs. 1 Satz 1 BGB) ebenso wie das Gesamthandsvermögen von Personengesellschaften nach überwiegend akzeptierter Auffassung des II. BFH-Senats den Gesellschaftern gemeinschaftlich gehört (§ 718 Abs. 1 BGB).[8] Nur sie sollen daher bei Zuwendungen in das und aus dem Gesellschaftsvermögen Erwerber bzw. Schenker sein (s. allerdings Rz. 205 ff. sowie § 20 ErbStG Rz. 25 ff.).[9] Im Übrigen handelt, wer bewusst über sein Vermögen verfügt, normalerweise[10] auch in Kenntnis der zivilrechtlichen Rechtslage. Dass der gesetzliche Miterwerb in Gütergemeinschaft lebender Ehegatten gerade bei letztwilligen oder lebzeitigen Verfügungen willkürlich ausschließbar ist (§§ 1416 Abs. 1 Satz 2, 1418 Abs. 2 Nr. 2 BGB),[11] spricht somit eher dafür und nicht dagegen, dass ein hierauf verzichtender Erblasser/Schenker nicht nur den ausdrücklich benannten Erwerber bedenken wollte, sondern auch die hälftige Bereicherung dessen Ehepartners zumindest billigend in Kauf genommen hat.[12]
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