I. Personenkreis

 

Rz. 117

[Autor/Stand] Mit der erweitert beschränkten Steuerpflicht des § 4 AStG wird die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ergebende beschränkte Steuerpflicht über das Inlandsvermögen des § 121 BewG hinaus auf alle Fälle des Erwerbs erweitert, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i.S.d. § 34c Abs. 1 EStG wären (ausführlich dazu § 121 BewG Rz. 621 ff.; s. auch HE 2.1 ErbStH 2019).[2]

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.04.2024
[2] Ausführlich zur erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 4 AStG vgl. Schienke-Ohletz in von Oertzen/Loose2, § 2 ErbStG Rz. 61 ff.; Meincke/Hannes/Holtz18, § 2 ErbStG Rz. 29, 30.

II. Zehnjahresfrist

 

Rz. 118

[Autor/Stand] Die nach § 4 AStG erweiterte beschränkte Steuerpflicht tritt ein, wenn die Steuerschuld bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Ende des Jahres, in dem die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Erblassers oder Schenkers geendet hat, entstanden ist und die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld vorlagen.

 

Rz. 118.1

[Autor/Stand] Hierbei ist zu beachten, dass sich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht auch auf deutsche Staatsangehörige erstreckt, wenn diese sich zur Zeit der Ausführung der Zuwendung noch nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben (sog. erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht s. Rz. 73 ff.).[3]

Eine erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht kann daher erst dann eintreten, wenn der Zeitraum, in dem die erweiterte unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht eintreten kann, abgelaufen ist, so dass die erweitert beschränkte Steuerpflicht nach § 4 AStG nur ab dem sechsten bis zehnten Jahr nach dem Wegzug greift.

[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.04.2024
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.04.2024
[3] S.a. Eisele in Kapp/Ebeling, § 2 ErbStG Rz. 53.1.

III. Umfang der erweitert beschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht

 

Rz. 119

[Autor/Stand] Die erweitert beschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht erstreckt sich über das in § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG i.V.m. § 121 BewG genannte Inlandsvermögen hinaus letztendlich auf alles, was kein im Ausland befindliches Vermögen ist[2] (s.a. § 121 BewG Rz. 645 ff.):

  1. Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland;
  2. Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland;
  3. Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften, Investmentfonds und offenen Immobilienfonds sowie Geschäftsguthaben bei Genossenschaften im Inland;
  4. Ansprüche auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen gegen Schuldner im Inland sowie Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an Vermögensgegenständen im Inland;
  5. Erfindungen und Urheberrechte, die im Inland verwertet werden;
  6. Versicherungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen im Inland;
  7. bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden;
  8. Vermögen, dessen Erträge nach § 5 AStG der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen (s. § 121 BewG Rz. 645);
  9. Vermögen, das nach § 15 AStG dem erweitert beschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnen ist (s. § 121 BewG Rz. 645).
[Autor/Stand] Autor: Högl, Stand: 01.04.2024
[2] Siehe BMF v. 2.12.1994 – IV C 7 - S 1340 – 20/94, BStBl. I Sondernr. 1/1995, 3 ff.; s. auch Kirschstein, ErbStB 2023, 65, 66.

IV. Abzug von Schulden und Lasten

 

Rz. 120

[Autor/Stand] Bei der Ermittlung der der erweitert beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Erwerbe kommt ein Abzug von Schulden und Lasten nur insoweit in Betracht, als diese in einer wirtschaftlichen Beziehung zu diesen Erwerben stehen (vgl. § 10 Abs. 6 ErbStG, s. § 10 Rz. 175 ff.). Für die Berücksichtigung negativen Vermögens gilt Folgendes:

Ergibt sich infolge des Abzugs der Schulden und Lasten ein negatives erweitertes Inlandsvermögen, so kann dieses mit dem positiven Inlandsvermögen (§ 121 BewG) verrechnet werden. Ein negatives Inlandsvermögen (§ 121 BewG Rz. 648) kann im umgekehrten Fall mit einem positiven erweiterten Inlandsvermögen verrechnet werden.

 

Rz. 121

[Autor/Stand] Aufgrund des BFH-Urteils vom 22.7.2015[3], wonach bei Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilsansprüchen kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Nachlassgegenständen besteht, wenn zum ererbten Vermögen nach § 13a ErbStG begünstigtes Betriebsvermögen gehört, folgerte die Finanzverwaltung, dass geltend gemachte Pflichtteilsansprüche in Fällen der beschränkten Steuerpflicht nicht in vollem Umfang gemäß § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG abzugsfähig wären.[4]

Mit Urteil vom 21.12.2021 hat der EuGH[5] nun entschieden, dass die Versagung des Abzugs von Verbindlichkeitten aus geltend gemachten Pflichtteilsansprüchen in Fällen beschränkter Steuerpflicht unionswidrig ist. Dies stellt eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des Kapitalverkehrs dar.

Nach nunmehriger Auffassung der Finanzverwaltung[6] sind in entsprechender Anwendung neben Pflichtteilsverbindlichkeiten insbesondere Zugewinnausgleichsverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten aufgrund auf Geldzahlung gerichteter Untervermächtnisse (s. § 10 ErbStG Rz. 91) anteilig abzugsfä...

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