Rz. 156

[Autor/Stand] Gem. § 86 Abs. 2 BewG gilt als Alter eines Gebäudes der Zeitraum zwischen dem Beginn des Jahres (d.h. der 1.1.), in dem das zu bewertende Gebäude bezugsfertig geworden ist, und dem Hauptfeststellungszeitpunkt. Dies gilt auch in den Fällen der Fortschreibung (§ 22 BewG) und der Nachfeststellung (§ 23 BewG), d.h. in diesen Fällen ist kein gegenüber dem Hauptfeststellungszeitpunkt abweichendes Alter zu verwenden.[2] § 86 Abs. 2 BewG stellt aufgrund seines eindeutigen Wortlautes klar, dass für die Berechnung des Alters eines Gebäudes vom 1. Januar des Jahres auszugehen ist, in dem das Gebäude bezugsfertig geworden ist. Das Jahr seiner bezugsfertigen Errichtung wird folglich als volles Jahr gerechnet. Da eine Hauptfeststellung entsprechend jeder Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar eines Jahres durchzuführen ist, umfasst das Alter eines Gebäudes daher stets volle Jahre. Die Regelung des § 86 Abs. 2 BewG hat den Zweck, dass damit streitige Zweifelsfälle hinsichtlich des Zeitpunktes der tatsächlichen Bezugsfertigkeit vermieden werden sollen. Im Allgemeinen fällt die Bezugsfertigkeit eines Gebäudes nämlich nicht mit dem Beginn des Kalenderjahrs zusammen, sondern kommt während eines Kalenderjahrs zur Entstehung.

 

Rz. 157

[Autor/Stand] Ein Gebäude kann als bezugsfertig angesehen werden, wenn die für seine Nutzung wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt worden sind. Dazu gehören im Allgemeinen insb. der Einbau von Türen und Fenstern, die Einrichtung der Küche sowie die Anschlüsse für Strom, Wasser und Heizung sowie der Sanitäranlagen.[4] Indizien für den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit können sich i.d.R. aus den Bauakten ergeben oder ggf. auch aus Unterlagen über die Einschätzung zur Gebäudebrandversicherung, über die Bauabnahme, über Beleihungen oder aus Unterlagen der Kraft- und Wasserwerke.

 

Rz. 158

[Autor/Stand] Bei wiederaufgebauten Gebäuden ist i.d.R. der Beginn des Jahres des Wiederaufbaus für die Bestimmung der Bezugsfertigkeit maßgebend.[6] Dies kann auch dann gelten, wenn der Wiederaufbau unter Verwendung stehen gebliebener Gebäudeteile oder Bauteile durchgeführt worden ist.[7] Die Finanzverwaltung neigt dazu, den Begriff des Wiederaufbaus eng – zum Nachteil des Steuerpflichtigen – auszulegen. Von einem Wiederaufbau, der für die Bestimmung des Baujahrs maßgebend ist, wird man aber jedenfalls dann nicht mehr ausgehen können, wenn die wiederverwendete, stehen gebliebene Bausubstanz einen erheblichen Umfang – etwa 40 % oder mehr des wiederhergestellten Gebäudes oder überwiegend die tragenden Teile – umfasst. In diesem Falle bleibt das Baujahr des ursprünglichen Gebäudes maßgebend. Durch die Aufbaumaßnahmen kann allerdings bei solchen Gebäuden die Restlebensdauer verlängert worden sein (s. unten Rz. 196 ff.).

 

Rz. 159

[Autor/Stand] Bei wiederaufgebauten Gebäuden, bei denen für die Alterswertminderung das Jahr des Wiederaufbaus maßgebend ist, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu entscheiden, ob und inwieweit wegen der Verwendung stehen gebliebener Gebäudeteile und Bauteile eine Verkürzung der gewöhnlichen Lebensdauer anzunehmen ist. Dabei sind Umfang, Alter und Zustand der beim Wiederaufbau verwendeten Gebäudeteile und Bauteile zu berücksichtigen.[9]

 

Rz. 160

[Autor/Stand] Gem. § 86 Abs. 2 BewG ist für die Bestimmung des Alters der Zeitraum zwischen Bezugsfertigkeit und Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich zugrunde zu legen ist. Damit ist entscheidend für die altersbedingte Wertminderung das Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt. Da das Gesetz ausdrücklich auf den Hauptfeststellungszeitpunkt und nicht allgemein auf den Feststellungszeitpunkt abstellt, kann das Zunehmen des Gebäudealters während des Hauptfeststellungszeitraums dem Gesetzeswortlaut nach auch nicht bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten berücksichtigt werden.[11] Diese Auffassung wird damit begründet, dass es sich bei der Art der Berücksichtigung der Wertminderung wegen Wertverzehrs durch einen jährlich gleich bleibenden Abschreibungssatz um Wertverhältnisse handele, für die bei Fortschreibungen die Verhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt beizubehalten seien (vgl. dazu auch § 27 BewG Rz. 20 ff.).[12] Im Hinblick darauf, dass die Wertminderung wegen Alters gem. § 86 Abs. 1 Satz 1 BewG letztendlich den tatsächlichen – allerdings typisierten – technischen Verschleiß des Gebäudes berücksichtigen möchte (vgl. Rz. 16 ff.), erscheint es aber zweifelhaft, ob es sich bei der Wertminderung wegen Alters um eine unbeachtliche Änderung der Wertverhältnisse i.S. des § 27 BewG oder nicht vielmehr um eine – allerdings nach Erfahrungssätzen geschätzte – beachtliche Zustandsveränderung handelt. Eine Anknüpfung beim technischen Verschleiß an das gesetzliche Merkmal der Wertverhältnisse erscheint allenfalls dann noch vertretbar, wenn Hauptfeststellungen in den gesetzlich vorgeschriebenen Abständen von sechs Jahren tatsächlich auch regelmäßig durchgeführt werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Geset...

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