aa) Überblick

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Die Auffassungen darüber, welche Bewertungsmethode bei den Ein- und Zweifamilienhäusern am zweckmäßigsten anzuwenden sei, waren seit jeher geteilt. Für das Sachwertverfahren spricht der Umstand, dass der Immobilienmarkt den Wert eines solchen Grundstücks vorwiegend nach Sachwertgesichtspunkten beurteilt.[2] Besonders die Einfamilienhäuser stellen im Regelfall keine Zinsobjekte im eigentlichen Sinne dar. Die sie zumeist selbst bewohnenden Eigentümer rechnen nicht mit einer angemessenen Verzinsung des von ihnen investierten Kapitals; vielmehr stehen andere, nichtökonomische Aspekte (z.B. die Annehmlichkeit des Wohnens im eigenen Haus) im Vordergrund.[3]

Das steuerliche Bewertungsverfahren als Massenverfahren muss aber praktikabel sein. Die Ermittlung des Sachwerts, bei der die nach Bauart und Ausstattung unterschiedlichen durchschnittlichen Herstellungskosten zu berücksichtigen sind, ist i.d.R. mit mehr Aufwand verbunden als die Ertragswertermittlung.

Die Marktwerte der Bewertungsobjekte, zu deren Ermittlung das Sachwertverfahren führen soll, sind je nach Ausstattung, Alter, Größe und den örtlichen Verhältnissen sehr verschieden.

Beim Ertragswertverfahren entfallen diese Schwierigkeiten. Es eignet sich insbesondere für die zur Zeit der letzten Hauptfeststellung typischen nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten errichteten Ein- und Zweifamilienhäusern. Die Masse der Einfamilienhäuser bestand 1965 aus kleinen, einfach ausgestatteten Wohngebäuden oder serienmäßig hergestellten Siedlungshäusern. Für diese Häuser waren genügend Vergleichsmieten vorhanden, nach denen die Miete entsprechend der Lage, der baulichen Ausstattung, der Größe und dem Alter des Einfamilienhauses festgesetzt werden konnte. Auch für die etwas besser ausgestatteten Einfamilienhäuser konnten in der Regel Vergleichsmieten ermittelt werden.

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Ebenso lassen sich für die typischen Zweifamilienhäuser Vergleichsmieten ermitteln, weil regelmäßig wenigstens von einer – vermieteten – Wohnung die Miete bekannt ist. Bei diesem Mietenvergleich muss u.U. beachtet werden, dass die Ausstattung bei der fremdvermieteten Wohnung meist nicht mit der Ausstattung der Hauptwohnung übereinstimmt, so dass der Quadratmetermietpreis nicht ohne weiteres auf die Hauptwohnung übertragen werden kann.

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Zur Mietermittlung der im Ertragswertverfahren zu bewertenden Einfamilienhäuser führt die BFH-Entscheidung v. 23.7.1971[6] Folgendes aus:

"Trotzdem lässt sich der Anwendungsbereich des Ertragswertverfahrens dahin abgrenzen, dass er so weit geht, als in der üblichen Miete die besondere Gestaltung und die Ausstattung des zu bewertenden Objekts im Wesentlichen berücksichtigt sind. Dabei ist es entgegen der Auffassung des FG nicht unbedingt erforderlich, dass bei der Bewertung von Einfamilienhäusern die übliche Miete aus einer größeren Zahl von Vergleichsobjekten abgeleitet wird. Die Zahl der zu vergleichenden vermieteten Grundstücke muss jedoch immerhin so groß sein, dass die darauf abgeleitete Miete als üblich gesichert erscheint."

Für solche Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser, die sich durch ihre besondere Gestaltung oder Ausstattung wesentlich von der Vielzahl der seinerzeit vorhandenen anderen Einfamilienhäuser und Zweifamilienhäuser unterscheiden, ist es regelmäßig nicht möglich, eine zutreffende Miete zu ermitteln. Kaum ein Mieter dürfte bereit sein, für diese Grundstücke eine Miete zu zahlen, die ausreicht, die aufwändige Bauweise oder Ausstattung zu finanzieren. Ihr Wert muss daher mit dem Sachwertverfahren ermittelt werden, das diese Besonderheiten berücksichtigt. Auch auf dem Grundstücksmarkt werden derartige Objekte nach Sachwertgesichtspunkten bewertet.

Durch die Anwendung des Sachwertverfahrens soll vermieden werden, dass das zu bewertende Grundstück durch den Ansatz einer Miete, in der eine besondere Gestaltung oder Ausstattung nach den Marktverhältnissen nicht zum Ausdruck kommt, nennenswert unterbewertet wird.[7]

bb) Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Sachwertverfahrens

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen, nach denen bei Ein- und Zweifamilienhäusern das Sachwertverfahren anzuwenden ist, enger gefasst, als dies noch im Gesetzentwurf der Bundesregierung beabsichtigt war. Der Regierungsentwurf hatte vorgesehen, alle unter Verwendung wertvollen Materials gebauten oder außergewöhnlich ausgestatten Objekte im Sachwertverfahren zu bewerten.

Demgegenüber kommt nach der gesetzlichen Regelung des § 76 Abs. 3 Nr. BewG das Sachwertverfahren nur bei solchen

  • besonders gestalteten (vgl. Anm. 23 ff.) und/oder
  • besonders ausgestatteten (vgl. Anm. 30 ff.) Grundstücken in Betracht,
  • die sich wesentlich von der großen Masse der "normalen" Ein- und Zweifamilienhäuser unterscheiden (vgl. Anm. 36 ff.).

Die Begriffe "besondere Gestaltung", "besondere Ausstattung" und "wesentliche Unterscheidung" stellen unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die von der Rechtsprechung im Einzelfall interpretiert ...

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