Rz. 20

Die Vorschrift des § 73 Abs. 1 S. 2 FGO erlaubt ausdrücklich auch die Trennung von Verfahren, die bereits bei Klageerhebung mehrere Klagegegenstände in Gestalt der objektiven Klagehäufung i. S. d. § 43 FGO oder der subjektiven Klagehäufung i. S. d. § 59 FGO zusammengefasst hat.[1] Die Erhebung einer Klage nach § 43 FGO hat zur Folge, dass diese Klage und das Verfahren über sie an die Stelle der bei getrennter Verfolgung einzelner Klagebegehren erforderlichen mehreren Klagen und Verfahren tritt. Sie hat somit dieselbe Wirkung wie die Verbindung mehrerer bereits schwebender Verfahren durch Gerichtsbeschluss nach § 73 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO. Deshalb ist das Gericht befugt, die durch die objektive Klagehäufung von vornherein entstandene Verfahrensverbindung gem. § 73 Abs. 1 S. 2 FGO wieder aufzuheben. Demgegenüber können verbundene Verfahren aber nicht stillschweigend durch konkludente Entscheidung getrennt werden. Selbiges gilt auch, wenn sich die Verfahrenstrennung als erforderlich oder sinnvoll erweist, um eine Sachbearbeitung entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts herbeizuführen, da auch dann § 73 FGO zu beachten ist.[2] Insoweit können aber nur teilbare Klagegegenstände abgetrennt werden. Eine Trennung scheidet dagegen aus, wenn lediglich unselbstständige Besteuerungsgrundlagen streitig sind.[3]

 

Rz. 21

Bei einer subjektiven Klagehäufung ist eine Trennung allerdings auf Fälle der sog. einfachen Streitgenossenschaft[4] beschränkt. Wenn also einer von mehreren Streitgenossen seine Klage zurücknimmt oder den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, ist dessen Verfahren insoweit abzutrennen.[5] Fällt beispielsweise nur einer der zusammen veranlagten und gegen den ESt-Bescheid gemeinsam klagenden Ehegatten in Insolvenz, ist die Abtrennung des vom anderen Ehegatten fortgeführten Verfahrens zulässig und wegen des unterschiedlichen Verfahrensfortgangs im Hinblick auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen nach § 155 FGO i. V. m. § 240 ZPO auch zweckmäßig.[6] Dasselbe gilt für das Eintreten anderer Verfahrenshindernisse, wie z. B. den Tod eines Beteiligten.[7]

Der Verfahrenstrennung bei notwendiger Streitgenossenschaft[8] steht allerdings die Regelung des § 73 Abs. 2 FGO entgegen (Rz. 16).

 

Rz. 22

Auch die Trennung nach § 73 Abs. 1 S. 2 FGO liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (Rz. 3). Im Fall einer objektiven Klagehäufung ist eine Trennung der Verfahren regelmäßig ermessensgerecht, wenn mit einem unterschiedlichen Verfahrensfortgang und möglicherweise auch Verfahrensausgang zu rechnen ist (Rz. 15). Daher kann eine Trennung wegen umfangreichen Streitstoffs und unterschiedlichen Streitpunkten in einzelnen Streitjahren auch geboten oder zumindest zweckmäßig sein.[9]

 

Rz. 23

Bei einer Mehrzahl von Streitgegenständen kann eine Trennung ebenso regelmäßig zweckmäßig sein, wenn eine Entscheidungsreife nur teilweise vorliegt[10], für einzelne Streitgegenstände die Klage zurückgenommen wird oder die Hauptsache für erledigt erklärt wird und eine zeitnahe Erledigung des Restverfahrens nicht zu erwarten ist.[11] Eine Abtrennung ist auch zur Vermeidung aufwendiger Berechnungen für andere Streitzeiträume und ggf. Steuerarten denkbar, wenn die Sache als sog. Musterverfahren vorangetrieben werden soll.[12]

 

Rz. 24

Ebenso kann eine Verweisung bei Unzulässigkeit des Finanzrechtswegs hinsichtlich eines von mehreren Streitgegenständen bzw. Streitverhältnissen nur nach einer vorhergehenden Trennung der Verfahren vorgenommen werden.[13] Dasselbe gilt für Abgaben innerhalb des jeweiligen Gerichts aufgrund der gerichtsinternen Geschäftsverteilung.[14]

 

Rz. 25

Zwar kann einer einheitlichen Entscheidung das Interesse der Beteiligten zur Wahrung des Steuergeheimnisses entgegenstehen (Rz. 16). Jedenfalls bei einer gemeinsamen Klageerhebung durch mehrere Kläger dürften diese insoweit aber konkludiert der Durchbrechung des Steuergeheimnisses zugestimmt haben (Rz. 10). Allerdings ist bei einem einheitlichen Verfahren die Kostenentscheidung einheitlich auch nach einem einheitlichen Streitwert zu treffen. Nach §§ 31, 32 GKG besteht bei einer Mehrheit von Kostenschuldnern grundsätzlich eine gesamtschuldnerische Haftung für die Gerichtskosten. Dies bedeutet, dass jeder Kläger für die nach dem Gesamtstreitwert zu berechnenden Gerichtskosten in voller Höhe einstehen muss und nur im Innenverhältnis einen Ausgleich bei den übrigen Klägern erlangen kann. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung ist aber nur bei den Klägern zu rechtfertigen, die gemeinsam an dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann das Kostenrisiko des einen Klägers nicht dem anderen Kläger (mit) auferlegt werden.[15] Daher dürfte gleichwohl eine Verfahrenstrennung in Betracht zu ziehen sein.

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