Rz. 5

Eine (einfache) Verbindung nach § 73 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO setzt voraus, dass mehrere Verfahren bei demselben Gericht (Rz. 6ff.) anhängig und in Verfahrensart (Rz. 9) und Verfahrensstadium (Rz. 10ff.) gleich sind. Liegen diese tatbestandlichen Voraussetzungen vor, liegt die Verfahrensverbindung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (Rz. 14ff.).

 

Rz. 6

Das Gericht i. S. d. Vorschrift ist der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Verfahren zur Entscheidung berufene Spruchkörper. Denn durch eine einfache Verbindung zunächst selbstständiger Verfahren darf der Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nicht unterlaufen werden. Soweit sich der gesetzliche Richter nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts bestimmt[1], kommt daher eine sog. senatsübergreifende Verbindung überhaupt nur dann in Betracht, wenn der gerichtliche Geschäftsverteilungsplan eine solche Verbindung mehrerer Verfahren ausdrücklich regelt.[2] Dieser Auffassung muss allerdings im Zusammenhang mit der einfachen Verbindung nach § 73 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO entgegengehalten werden, dass eine solche Verbindung immer noch im Ermessen des für die Verbindung nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Senats steht und damit auf eine Selbstermächtigung hinausliefe.[3]

 

Rz. 7

Dementsprechend ist eine Verbindung in einem – mit mehr als den Berufsrichtern – überbesetzten Senats ebenso nur zulässig, wenn über die verbundenen Verfahren die jeweils nach dem senatsinternen Mitwirkungsplan zuständige gleich Sitzgruppe[4] entscheiden kann.[5] S. zur Verbindung von Streitsachen, die bei demselben Einzelrichter oder bei verschiedenen Richtern eines Senats anhängig sind Rz. 28f.

 

Rz. 8

Ist ein Verfahren durch einen Fehler der Gerichtsverwaltung bei einem nach dem Geschäftsverteilungsplan unzuständigen Senat anhängig geworden, so kann dieser Fehler nicht durch eine Verbindung nach § 73 FGO mit einem bei dem zuständigen Senat anhängigen Verfahren beseitigt werden. Vielmehr ist das Verfahren von dem unzuständigen Senat an den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat abzugeben.[6] Der neue Senat kann dann die Sache nach seinem Ermessen mit einer bei ihm bereits anhängigen Sache nach § 73 FGO verbinden.[7]

 

Rz. 9

Als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung setzt die Verbindung nach § 73 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO weiter voraus, dass die zu verbindenden Verfahren dieselbe Verfahrensart zum Gegenstand haben. Dieses Erfordernis folgt daraus, dass eine Verbindung überhaupt nur dann zulässig sein kann, wenn die verbundenen Verfahren auch durch eine einheitliche Entscheidung abgeschlossen werden können und diese Entscheidung – soweit ein Rechtsmittel gegeben ist – mit einem einheitlichen Rechtsmittel angefochten werden kann.[8] Daher ist eine Verbindung von einem Klage- mit einem Beschlussverfahren nicht zulässig. Der Verbindung steht insoweit aber folgerichtig nicht entgegen, dass unterschiedliche Klagearten betroffen sind oder die verbundenen Verfahren im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag stehen.[9]

 

Rz. 10

Die Verbindung mehrerer selbstständiger Klageverfahren unterschiedlicher Kläger kommt wegen der auch das Gericht bindenden Verpflichtung, das Steuergeheimnis i. S. d. § 30 AO zu wahren, aber regelmäßig nur dann und insoweit in Betracht, wie die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft nach § 59 FGO i. V. m. §§ 59ff. ZPO gegeben sind. Für den Finanzgerichtsprozess bedeutet dies, dass eine Verbindung von Klageverfahren unterschiedlicher Kläger grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn diese Kläger sämtlich jeweils an dem oder den streitigen Steuerrechtsverhältnissen oder dem Rechtsvorgang beteiligt sind, durch den der Steuertatbestand verwirklicht wurde.[10] Verwirklichen z. B. unterschiedliche Personen durch unterschiedliche Rechtsakte der Grunderwerbsteuer (oder Schenkungsteuer) unterliegende Erwerbsvorgänge, darf über Klagen, mit denen sich diese Personen gegen die Festsetzung von Grunderwerbsteuer (Schenkungsteuer) wegen dieser Erwerbsvorgänge wenden, nicht einheitlich entschieden werden. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Steuerrechtsverhältnisse und unterschiedliche Rechtsvorgänge, an denen jeweils nur die einzelnen Kläger beteiligt sind.[11] Ggf. können die Kläger aber auch der Durchbrechung des Steuergeheimnisses zustimmen.[12]

 

Rz. 11

Darüber hinaus kommt eine Verbindung zur einheitlichen Entscheidung denklogisch auch nur in Betracht, wenn sich die zu verbindenden Verfahren im gleichen Verfahrensstadium befinden. Eine Verbindung eines erstinstanzlichen Verfahrens mit einem Verfahren in der Rechtsmittelinstanz kommt daher nicht in Betracht. Jedenfalls nach Verkündung der die Instanz beendenden Entscheidung scheidet eine Verbindung aus.[13]

 

Rz. 12

Nach herrschender Auffassung soll eine Verbindung zwischen einer zulässigen und einer unzulässigen Klage ebenfalls nicht möglich sein.[14] Dem ist Schoenfeld [15] entgegengetreten, da im erstinstanzlichen Verfahren sowohl über eine zulässige als auch über ein...

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