5.1 Selbstständigkeit der Verfahren

 

Rz. 19

Die Streitgenossenschaft bewirkt nur die Zusammenfassung mehrerer Verfahren im äußeren Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens[1]. Sie lässt die rechtliche Selbstständigkeit der einzelnen Klagen unberührt, diese werden nur formell zur gemeinsamen Verhandlung (s. Rz. 21) und Entscheidung verbunden (s. BFH v. 19.2.1991, VIII R 8/86, BFH/NV 1992, 175; z. B. Hartmann, in B/L/A/H, ZPO, Vor § 59 Rz. 6, § 61 Rz. 1; Tipke, in T/K, AO, § 59 FGO Rz. 5; Spindler, in HHSp, AO, § 59 FGO Rz. 22). Für jede Klage müssen demgemäß die Sachentscheidungsvoraussetzungen gesondert gegeben sein (vgl. BFH v. 19.2.1991, VIII R 8/86, BFH/NV 1992, 175; Hartmann, in B/L/A/H, ZPO, Vor § 59 Rz. 7; Koch, in Gräber, FGO, § 59 Rz. 11; Kopp/Schenke, VwGO, § 64 Rz. 10).

 

Rz. 20

Im Rahmen seiner eigenen Klage führt nach § 61 ZPO jeder Streitgenosse den Rechtsstreit inhaltlich unabhängig von den übrigen Streitgenossen (s. Hartmann, in B/L/A/H, ZPO, § 61 Rz. 6; Bartone, in Kühn/v. Wedelstädt, AO, § 59 FGO Rz. 5). Unterschiedliche Einlassungen muss das Gericht aufklären und würdigen[2]. Bei einfacher Streitgenossenschaft kann die Entscheidung gegenüber den einzelnen Streitgenossen unterschiedlich ausfallen[3]. Der einzelne Streitgenosse kann unabhängig von den anderen Streitgenossen seine Klage zurücknehmen oder den Rechtsstreit für erledigt erklären[4].

Gemäß § 61 ZPO wirken Handlungen eines jeden Streitgenossen nur für sein Verfahren und gereichen den anderen Streitgenossen weder zum Vorteil noch zum Nachteil[5].

5.2 Verfahrensbesonderheiten

 

Rz. 21

Die gemeinsame Verhandlung (s. Rz. 19) erfordert, dass gemäß § 63 ZPO sämtliche Streitgenossen zu allen Terminen zu laden sind. Unterbleibt die Ladung für einen der Streitgenossen, hat dies jedoch nur Bedeutung für sein Verfahren, nicht aber für das Verfahren der anderen Streitgenossen[1].

 

Rz. 22

Für die notwendige Streitgenossenschaft (s. Rz. 12) begründet § 62 ZPO eine Vertretungsfiktion in den Fällen, in denen eine gemeinsame Klageerhebung erforderlich ist (s. Rz. 12). Versäumen einzelne Streitgenossen einen Termin oder eine Frist, so gelten diese säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen Streitgenossen vertreten.

 

Rz. 23

In der gemeinsamen Verhandlung erfolgt auch eine gemeinsame Beweisaufnahme. Hier kann jeder Streitgenosse in dem selbstständigen (s. Rz. 19) Verfahren des anderen Streitgenossen als Zeuge auftreten (s. § 57 FGO Rz. 5; vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 64 Rz. 10 m. w. N.; Koch, in Gräber, FGO, § 59 Rz. 13; Spindler, in HHSp, AO, § 59 FGO Rz. 23; Brandt, in Beermann/Gosch, AO, § 59 FGO Rz. 42; Hartmann, in B/L/A/H, ZPO, § 61 Rz. 9; a. A. Tipke, in T/K, AO, § 59 FGO Rz. 4).

5.3 Entscheidung

 

Rz. 24

Über das gemeinsame Verfahren wird grundsätzlich einheitlich entschieden. Im Hinblick auf die Selbstständigkeit des einzelnen Verfahrens (s. Rz. 19) müssen aber ggf. unterschiedliche Regelungen oder Feststellungen getroffen werden (s. auch § 43 FGO Rz. 4). Das Gericht kann, wenn es keine Trennung der Verfahren nach § 73 FGO vornehmen will (s. Rz. 5), auch durch Teilurteil entscheiden[1]. Die Entscheidung ist allen Streitgenossen zuzustellen.

5.4 Rechtsmittel

 

Rz. 25

Jeder Streitgenosse ist hinsichtlich der Einlegung der Revision von den anderen Streitgenossen grundsätzlich unabhängig (s. Rz. 19). Im Fall der notwendigen Streitgenossenschaft (s. Rz. 12) hat der BFH eine notwendige Beiladung gemäß § 60 Abs. 3 FGO vorzunehmen[1].

5.5 Kostenentscheidung – Streitwert

 

Rz. 26

Als Folge der einheitlichen Entscheidung (s. Rz. 24) ergeht auch eine einheitliche Kostenentscheidung. Jeder Streitgenosse haftet gesamtschuldnerisch für die gesamten Verfahrenskosten[1] und kann ggf. nur im Innenverhältnis Ausgleich von den übrigen Streitgenossen verlangen[2].

 

Rz. 27

Für die Kostenentscheidung über die gemeinsamen Klagen werden die Streitwerte der einzelnen Klagebegehren zusammengerechnet[3]. Dies gilt jedoch nicht für die zu erstattenden Gebühren der Prozessbevollmächtigten. Hier entspricht der Gegenstandswert jeweils dem Streitwert der jeweiligen Einzelsache, in der der Bevollmächtigte tätig wird[4].

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