Rz. 28

Über die Verweisung des § 53 Abs. 2 FGO ist für die Zustellung von Amts wegen in den §§ 173ff. ZPO eine Reihe von Zustellungsformen geregelt. Dort sind einige "normale Zustellungsarten" zu finden[1], die auch als "tatsächliche Zustellung" bezeichnet werden[2], weil bei diesen Zustellungsformen die tatsächliche Kenntniserlangung durch den Adressaten im Vordergrund steht. Es handelt sich um die Zustellungen

  • durch Aushändigung an Amtsstelle[3],
  • durch Empfangsbekenntnis[4],
  • durch Einschreiben mit Rückschein[5] und
  • durch Zustellungsauftrag mit Zustellungsurkunde[6].

Daneben gibt es in den §§ 178ff. ZPO eine Reihe von Zustellungsarten, die als Ersatzzustellungen i. w. S. bezeichnet werden können. Auch andere Gruppeneinteilungen der Zustellungsform sind geläufig. So wird u. a. zwischen den "wirklichen" und "unterstellten" Zustellungen unterschieden[7]. Hierher soll z. B. die Zustellung durch Aufgabe zur Post gehören, deren Regelung in § 184 ZPO eine Verbindung zwischen der Bestimmung eines Adressaten und einer besonderen Zustellungsform herstellt. Auch die Zustellung im Ausland gem. § 183 ZPO ist keine Zustellungsform, die eindeutig eine tatsächliche oder wirkliche Zustellung ist, obwohl sie in diese Richtung tendiert.

[1] Vor allem §§ 173176 ZPO.
[2] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 20.
[3] § 173 ZPO, Rz. 29–31.
[4] § 174 ZPO, Rz. 32–36.
[5] § 175 ZPO, Rz. 37.
[6] § 176 ZPO, Rz. 38–40a.
[7] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, Übers. § 166 ZPO Rz. 4, 5.

2.2.3.1 Aushändigung an Amtsstelle (§ 173 ZPO)

 

Rz. 29

Die Übergabe muss bei dieser Zustellungsform "an Amtsstelle" stattgefunden haben. Sie muss also – zwingend – in den Räumlichkeiten des Gerichts oder solchen Räumlichkeiten geschehen sein, die für die gerichtliche Tätigkeit benutzt werden[1]. In anderen Räumen oder im Freien ist trotz § 177 ZPO eine Aushändigung an Amtsstelle ausgeschlossen[2]. Das Schriftstück muss von einem Bediensteten des Gerichts übergeben werden. Das ergibt sich bereits aus § 173 S. 3 ZPO, der die Unterschrift dieses Bediensteten unter den Vermerken zur Aushändigung verlangt. Dieser Bedienstete ist entweder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle oder eine von ihm mit der Aushändigung beauftragte Person. Es kann auch ein Richter sein[3]. Der Adressat muss dabei mit der Aushändigung einverstanden sein. Verweigert er die Annahme, scheitert eine wirksame Zustellung nach § 173 ZPO[4]. § 179 ZPO zur verweigerten Annahme des zuzustellenden Schriftstücks gilt nicht für die Zustellung durch Aushändigung an Amtsstelle[5].

 

Rz. 30

Adressat einer Zustellung durch Aushändigung kann ein gesetzlicher Vertreter[6], aber auch ein rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter i. S. d. § 171 ZPO (vgl. Rz. 22, 23) und der Zustellungsbevollmächtigte gem. § 184 ZPO bzw. § 53 Abs. 3 FGO sein. Dass der rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter gemeint ist, nicht dagegen der Prozessbevollmächtigte nach § 172 ZPO, ergibt sich aus der Anforderung der Vollmacht nach § 172 S. 2 ZPO in § 173 S. 2 Hs. 2 ZPO.

 

Rz. 31

Die Aushändigung an den Adressaten ist auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken[7]. Insbesondere ist dort festzuhalten, dass und wann das Schriftstück zum Zweck der Zustellung ausgehändigt wurde. Im Fall der Aushändigung an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter ist auch zu vermerken, dass die schriftliche Vollmacht nach § 171 S. 2 ZPO vorgelegen hat. Die Vermerke sind von dem Bediensteten zu unterschreiben, der das Schriftstück ausgehändigt hat. Wird ein gerichtliches Protokoll angefertigt, in dem die Aushändigung vermerkt ist, so ersetzt das Protokoll die in § 173 S. 2 Hs. 2 ZPO vorgeschriebenen Vermerke[8].

[1] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 15.
[2] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 29.
[3] Stapperfend, in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, § 53 FGO Rz. 48, Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 53 Rz. 15.
[4] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 173 ZPO Rz. 5.
[5] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 15.
[8] Spindler, in HHSp, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 31.

2.2.3.2 Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO)

 

Rz. 32

Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gründet sich auf die erhöhte Zuverlässigkeit bestimmter Adressaten. Bei ihnen soll eine vereinfachte Form der Zustellung zu verantworten sein, die kostengünstig und schnell durchzuführen ist. Für die Annahme der besonderen Zuverlässigkeit stützt sich die Vorschrift auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufen. Als Regelbeispiele nennt die Vorschrift den Anwalt, den Notar, den Gerichtsvollzieher und den Steuerberater. Hinzu kommen sollen andere Personen, bei denen ebenfalls aufgrund ihres Berufs von einer erhöhten Zuverlässigkeit auszugehen sei. Hierunter fallen schon wegen der Vergleichbarkeit der Berufe der Steuerbevollmächtigte, der Wirtschaftsprüfer und der vereidigte Buchprüfer. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kann sich bei der Wahl der Zustellungsform gegen Empfangsbekenntnis also an dem Beruf des Adressaten orientieren. Dabei hat er jedoch nicht die Pfl...

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