Rz. 19

Der Kläger muss – im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts haben (sog. besonderes Feststellungsinteresse). Für ein berechtigtes Interesse genügt nach ständiger Rechtsprechung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen, wobei dies vom Rechtsschutzsuchenden substantiiert und schlüssig darzulegen ist.[1] Daher ist eine Feststellungsklage grundsätzlich nicht gegeben, wenn der Kläger sein Prozessziel auf anderem Wege schneller, einfacher und billiger erreichen kann; er also ohne eine gerichtliche Feststellung die Gefährdung seiner Rechte nicht besorgen muss.[2] Wendet sich der Kläger z. B. gegen eine behördeninterne Vorbereitungsmaßnahme zum Erlass eines Verwaltungsakts, die nicht als selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt anzusehen ist, so kann er seine Rechte im nachfolgenden Steuerfestsetzungsverfahren durch eine Anfechtungsklage verfolgen. Diese Möglichkeit schließt das Feststellungsinteresse aus.[3] Dasselbe gilt für behördliche Verfahrenshandlungen wie z. B. Aufklärungsmaßnahmen während einer Außenprüfung, die der anfechtbaren Steuerfestsetzung vorausgehen.[4] Nach einer Androhung eines Auskunftsersuchens an Dritte kann allerdings Rechtsschutz durch eine sog. vorbeugende Feststellungsklage in Betracht kommen (vgl. Rz. 32).

 

Rz. 20

Liegt das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, allerdings in der Vergangenheit (vergangenes Rechtsverhältnis), bedarf es demgegenüber eines sog. qualifizierten Feststellungsinteresses. Bei einem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts ist ein solches Feststellungsinteresse in der Regel zu bejahen, weil von einem solchen Verwaltungsakt der Rechtsschein der Wirksamkeit ausgeht.[5] Das Feststellungsinteresse dürfte allerdings fehlen, wenn aufgrund eines Antrags nach § 125 Abs. 5 AO bei der Finanzbehörde die Aufhebung des nichtigen bzw. unwirksamen Verwaltungsakts bereits zugesagt war oder unmittelbar bevorstand.[6] Daneben erfordert die Nichtigkeitsfeststellungsklage aber auch, dass der Kläger schlüssig behauptet, durch den angeblich nichtigen Verwaltungsakt in seinen Rechten gefährdet zu sein. Das Feststellungsinteresse muss daher ein eigenes abgabenrechtliches Interesse sein.[7]

 

Rz. 21

Ein qualifiziertes Feststellungsinteresse ist insbesondere auch unter dem Aspekt der hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr oder eines schutzwürdigen Rehabilitationsinteresses zu bejahen, wenn z. B. der Inhalt des (angegriffenen und nunmehr erledigten) Verwaltungsakts diskriminierende Wirkung hat, etwa den Vorwurf der Steuerhinterziehung enthält.[8] Für ein Rehabilitationsinteresse genügt es indes nicht, dass aufgrund der Maßnahme des FA lediglich eine abstrakte Gefahr besteht, dass das (berufliche) Ansehen des Stpfl. gefährdet wird.[9] Erforderlich ist vielmehr eine Außenwirkung gegenüber Dritten, wie z. B. ein Auskunftsersuchen bei einer Rezeptabrechnungsstelle eines Apothekers.[10] Ein lediglich ideelles Bedürfnis nach einer Rehabilitation ist nicht ausreichend.[11] Eine Wiederholungsgefahr ist insbesondere gegeben, wenn sich der der Feststellungsklage zugrundeliegende Sachverhalt mit großer Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen unverändert auch in Zukunft wiederholen wird und anzunehmen ist, dass die Finanzbehörde ihre ursprüngliche, für den Stpfl. ungünstige Rechtsauffassung beibehalten wird.[12] Die Anforderungen an eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr dürfen unter dem Gesichtspunkt der Gewährung eines effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt nicht zu hoch angesetzt werden.[13]

 
Praxis-Beispiel

Eine Wiederholungsgefahr besteht z. B. bei einer Ortsbesichtigung in sog. "Überrumpelungsfällen", in denen der Finanzbeamte den Betroffenen nicht über seine Grundrechte nach Art. 13 GG belehrt hat, wenn aufgrund eines Vermerks dieses Finanzbeamten nicht auszuschließen ist, dass die Finanzbehörde erneut einen Finanzbeamten mit der Aufklärung des Sachverhalts in der Wohnung des Betroffenen beauftragt.[14]

 

Rz. 22

Nach jüngerer Rechtsprechung des BFH lässt sich das berechtigte Interesse für eine Feststellungsklage – anders als im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO – allein mit der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses gegen das FA oder eines Schadenersatzprozesses gegen einen Dritten jedoch nicht begründen, weil das für eine Schadensersatzklage zuständige Zivilgericht über sämtliche den geltend gemachten Anspruch betreffenden Rechtsfragen in eigener Zuständigkeit zu befinden hat.[15] Jedenfalls wenn die Feststellungsklage der erleichterten Ve...

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