Rz. 6

Das Wiederaufnahmeverfahren stellt prozessual die Fortsetzung des Vorprozesses dar. Dies gilt aber nur für den dritten Verfahrensabschnitt.[1] Die Beteiligten – einschließlich des Beigeladenen – sind identisch mit denen des Vorprozesses.[2] Der im Vorprozess Beigeladene muss nicht erneut beigeladen werden.[3]

Die Entscheidung über das Wiederaufnahmeverfahren ergeht grundsätzlich in derselben Form und Besetzung, in der die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung ergangen ist.[4] Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Entscheidungen des Einzelrichters ist jedoch nicht dieser, sondern der Senat zuständig, da der Entscheidung über die Frage, ob die Rechtskraft rückwirkend beseitigt wird, besondere prozessuale Bedeutung zukommt.[5]

Bei der Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage ist ein Richter nicht deshalb von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen, weil er an dem der Nichtigkeitsklage vorangegangenen Urteil mitgewirkt hat. Denn der Ausschluss eines Richters vom Richteramt betrifft nur Fälle, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren beim Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 41 Nr. 6 ZPO erfasst nur den Fall der Mitwirkung an einer Entscheidung in einer unteren Instanz, nicht aber den Fall, dass der Richter in der gleichen Instanz an einer vorangegangenen Entscheidung mitgewirkt hat, so bei der Mitwirkung an dem der Nichtigkeitsklage vorausgegangenen Urteil.[6] Ein in dem früheren Verfahren kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter[7] ist auch im Wiederaufnahmeverfahren ausgeschlossen. Ebenso darf ein Richter, der in dem früheren Verfahren erfolgreich abgelehnt wurde, im Wiederaufnahmeverfahren nicht mitwirken.[8]

Die Restitutionsklage ist subsidiär gegenüber der Nichtigkeitsklage.[9] Werden beide Klagen erhoben, sind die Verhandlung und Entscheidung über die Restitutionsklage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen. Dazu sind die Verfahren zu trennen. Wegen der Frist für die Wiederaufnahmeklage muss jedoch auch die Restitutionsklage innerhalb der Frist erhoben werden. Es darf also nicht mit der Restitutionsklage bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage abgewartet werden.[10]

 

Rz. 7

Das Wiederaufnahmeverfahren vollzieht sich in drei Schritten:

  • Prüfung der Zulässigkeit (Rz. 8ff.);
  • Prüfung der Begründetheit (Rz. 16);
  • erneute Verhandlung und Entscheidung über die ursprüngliche Sache (Rz. 17f.).

Die Prüfung des jeweils nächsten Schritts setzt die Prüfung des vorhergehenden mit einem positiven Ergebnis voraus. Ist die Wiederaufnahmeklage (bzw. der Wiederaufnahmeantrag, Rz. 4) zulässig und begründet, wird das Verfahren in die Lage vor dem Erlass des Urteils bzw. des Beschlusses zurückversetzt.[11]

Das FG ist nicht verpflichtet, das Wiederaufnahmeverfahren nach § 74 FGO wegen eines anhängigen Strafverfahrens auszusetzen. Denn das FG hat den Sachverhalt selbstständig zu ermitteln und ist an die Feststellungen des Strafgerichts nicht gebunden. Das gilt auch in Fällen, in denen ein strafbares Verhalten eines Beteiligten i. S. v. § 580 ZPO als Wiederaufnahmegrund geltend gemacht wird. Eine vorgreifliche Entscheidung des Strafgerichts besteht insofern nicht.[12]

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