Rz. 6

Das FG hat, d. h. muss, der Beschwerde abzuhelfen, soweit es sie für zulässig und begründet hält. Eine Vorlage an den BFH ist in diesem Fall unzulässig.

Hält es die Beschwerde für unbegründet, darf es nicht abhelfen, sondern muss zur Entscheidung durch den BFH vorlegen. Die Begründetheit beurteilt sich grundsätzlich danach, ob der angefochtene Beschluss im Ergebnis den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt oder nicht. Die Rechtswidrigkeit kann sich aus materiell-rechtlichen und formellen Mängeln ergeben. Nicht entscheidend ist, ob die vom FG gegebene Begründung zutreffend ist. Begründetheit liegt deshalb nicht vor, wenn das FG seine Entscheidung nach neuem Überdenken aus anderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen im Ergebnis für zutreffend, die bisherige Begründung aber für unzutreffend oder ergänzungsbedürftig hält. Auch in diesem Fall ist daher vorzulegen.[1] Das FG legt dann zweckmäßigerweise seine Überlegungen in einem Vermerk in den dem BFH vorzulegenden Akten nieder, um den BFH davon in Kenntnis zu setzen.

 

Rz. 7

Nach der Rspr.[2] kann das FG in solchen Fällen der Beschwerde abhelfen, den angefochtenen Beschluss aufheben und einen neuen Beschluss gleichen Inhalts, aber mit neuer Begründung erlassen, gegen den dann wiederum die Beschwerde eröffnet ist.[3] Diese Verfahrensweise hat den Vorzug, dass der Beschwerdeführer anhand der Begründung des neuen Beschlusses seine Argumentation überdenken und die Erfolgsaussichten einer Beschwerde prüfen kann. Dieses Vorgehen steht allerdings mit der gesetzlichen Verfahrensweise nicht in Einklang. Denn eine Abhilfe ist nur bei begründeter Beschwerde möglich. Die Begründetheit ist aber nicht gegeben, wenn die Entscheidung im Ergebnis zutreffend ist und ihr lediglich rechtlich angreifbare Gründe beigefügt wurden.[4]

Unbedenklich ist es jedenfalls, wenn das FG in einem solchen Fall statt einer Abhilfe und eines neuen Beschlusses dem Nichtabhilfebeschluss eine geänderte oder ergänzte Begründung – vergleichbar mit einem Aktenvermerk – hinzufügt. Davon sollte der Beschwerdeführer unterrichtet werden, um ihm Gelegenheit zu geben, die Beschwerde zu überdenken und ggf. zurückzunehmen.[5]

 

Rz. 7a

Da das Abhilfeverfahren in jeder Hinsicht eine erneute Prüfungsmöglichkeit eröffnet, sind neue Tatsachen und Beweismittel sowie neues rechtliches Vorbringen uneingeschränkt zu berücksichtigen, und zwar nicht nur die bisher nicht vorgetragenen Tatsachen, sondern auch solche Tatsachen, die erst nach der Entscheidung des FG entstanden sind, soweit sie nicht über den Entscheidungsgegenstand hinausgehen. Kündigt der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung neuen Tatsachenvortrag an, hat das FG vor seiner Entscheidung die Begründung abzuwarten oder dem Beschwerdeführer hierfür eine angemessene Frist zu setzen. Es darf nicht sofort die Nichtabhilfe beschließen und die Sache dem BFH vorlegen. Wird nach Nichtabhilfe und Vorlage an den BFH eine Begründung eingereicht, ist diese an den BFH weiterzuleiten und von diesem zu beachten.

Das FG hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht unter Mitwirkung der Beteiligten die entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln. Dabei hat es erforderlichenfalls auch eine neue mündliche Verhandlung durchzuführen oder Beweis zu erheben.

[1] BFH v. 18.2.1986, VII B 113/85, BStBl II 1986, 412 m. w. N. aus der z. T. abweichenden zivilprozessrechtlichen Lit.
[4] Bergkemper, in HHSp, AO/FGO, § 130 FGO Rz. 12.
[5] Bergkemper, in HHSp, AO/FGO, § 130 FGO Rz. 13.

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