Rz. 8

Nach § 108 FGO können nur andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten des Tatbestands berichtigt werden. Der Zusatz "andere" steht im Kontext zu § 107 FGO, sodass die Berichtigung nach § 108 FGO nur von anderen als in § 107 FGO behandelten Unrichtigkeiten möglich ist. Hinsichtlich von Schreib-, Rechenfehler und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten ist daher § 107 FGO vorrangig anzuwenden.[1] Unrichtig oder unklar ist der Tatbestand, wenn er mit den tatsächlichen Feststellungen, die das Gericht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung getroffen hat, nicht im Einklang steht.[2] Beiläufige Bemerkungen tatsächlicher Art, die erkennbar für die Entscheidung nicht wesentlich waren und weder unmittelbar noch mittelbar die Rechtsfindung beeinflusst haben, können eine Tatbestandsberichtigung jedoch nicht rechtfertigen. Was richtig ist, ergibt sich aus den Akten und dem Protokoll der mündlichen Verhandlung. Eine vom Gericht unterlassene Sachverhaltsermittlung kann aber nicht über § 108 FGO nachgeholt werden.

 

Rz. 9

Die Berichtigung des Tatbestands i. S. d. § 105 Abs. 2 Nr. 4 FGO bezieht sich ausschließlich auf die in der Entscheidung enthaltenen tatsächlichen Feststellungen, soweit sie nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 314 ZPO Beweiswirkung entfalten (hierzu Rz. 4ff.) und nicht auf die rechtlichen Erwägungen bzw. Rechtsausführungen oder das Rubrum und den Tenor, unabhängig davon, wo sich konkret in der Entscheidung die tatsächlichen Feststellungen befinden. Auch entgegen der Regel des § 105 Abs. 2 Nr. 4 und 5 und Abs. 3 FGO in den Entscheidungsgründen enthaltene tatsächliche Unrichtigkeiten können nach § 108 FGO berichtigt werden.[3]

 

Rz. 10

Unrichtigkeiten und Unklarheiten können sich jedoch nicht aus (bloßen) Auslassungen im Tatbestand ergeben, da der Tatbestand keine negative Beweiskraft entfaltet.[4] Der BGH vertritt nunmehr unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung[5] die Auffassung, dass eine vollständige Wiedergabe des Parteivorbringens im Urteilstatbestand im Hinblick auf die gesetzliche Regelung in § 313 Abs. 2 ZPO[6] nicht erwartet werden könne. Allein mit dem Hinweis auf die negative Beweiskraft des Tatbestands kann ein Parteivorbringen, dass sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, im Rechtsmittelverfahren nicht unberücksichtigt bleiben.[7]

 

Rz. 11

Zum Tatbestand der Entscheidung gehören gem. § 105 Abs. 3 S. 1 FGO auch alle von den Beteiligten gestellten Anträge.[8] Insoweit sind fehlende Klageanträge im Hinblick auf eine Urteilsergänzung nach § 109 FGO aber berichtigungsfähig. Die Wiedergabe des Prozessgeschehens[9] sowie das Ergebnis einer Beweisaufnahme[10] sind demgegenüber nicht berichtigungsfähig. Zumindest in Bezug auf das Ergebnis der Beweisaufnahme enthalten finanzgerichtliche Entscheidung aber zumeist auch nur einen Verweis auf das Protokoll zur Beweisaufnahme.

[2] Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 108 Rz. 13.
[4] Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 108 Rz. 13 m. w. N.; a. A. Brandt, in Gosch, AO/FGO, § 108 FGO Rz. 27; Lange, in HHSp, AO/FGO, § 108 FGO Rz. 8.
[5] Vgl. z. B. BGH v. 3.11.1982, IVa ZR 39/81, NJW 1983, 885.
[6] Vgl. für die Finanzgerichtsbarkeit § 105 Abs. 3 FGO.
[7] BGH v. 12.3.2004, V ZR 257/03, BGHZ 158, 269; Musielak, in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 314 ZPO Rz. 3.
[10] Ebenso Gräber/Ratschow, FGO, 9. Aufl. 2019, § 108 Rz. 12; a. A. Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 108 FGO Rz. 5.

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