Rz. 5

Schreib- und Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten müssen vom Gericht berichtigt werden. Die in § 107 FGO verwendeten Begriffe, insbesondere der "offenbaren Unrichtigkeit" entspricht im Wesentlichen denen des § 129 AO.[1] Danach setzt z. B. ein Rechenfehler einen Fehler bei der Lösung einer rein rechnerischen Aufgabe voraus; ein Fehler beim Ansatz der in die Rechnung einzubeziehenden Beträge ist damit nicht gemeint.[2] Unrichtigkeiten i. S.d. § 107 FGO sind alle bei der Abfassung des Urteils unterlaufenen "mechanischen" Fehler, die ebenso mechanisch, also ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können.[3] Dies ist der Fall, wenn eine in dem Urteil enthaltene Aussage die vom Gericht getroffenen Feststellungen oder die von ihm angestellten Überlegungen nicht zutreffend zum Ausdruck bringt und dies aus dem Urteil selbst heraus erkennbar wird. "Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten" sind nur solche Erklärungsmängel, die zu dem Erklärungswillen des Gerichts erkennbar im Widerspruch stehen.[4]

 

Rz. 6

Ein offenbarer Fehler liegt vor, wenn er auf der Hand liegt, wenn er durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Die Unrichtigkeit kann sich aus dem Zusammenhang des Urteils ergeben, aber auch aus den Vorgängen bei Erlass und bei Verkündung des Urteils. Die Unrichtigkeit muss sich nicht zwangsläufig aus dem Urteil ergeben, weil es in der Mehrzahl der Fälle unmöglich machen würde, Übertragungsfehler, Rechenfehler oder Fehler beim Ablesen einer Steuertabelle zu berichtigen, die häufig aus dem Urteil selbst nicht ersichtlich sind. Eine offenbare Unrichtigkeit kann daher auch dann berichtigt werden, wenn sie aus dem Urteil unmittelbar nicht erkennbar ist.[5] Die Unrichtigkeit kann sich daher auch aus den Umständen des vorangegangenen Verfahrens und aus jederzeit erreichbaren Urkunden bzw. Steuerakten erkennbar sein. § 107 FGO greift dagegen nicht ein, wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass die in Rede stehende Wendung auf einer unvollständigen Ermittlung oder einer unrichtigen Würdigung des Sachverhalts oder auf einem Rechtsirrtum des Gerichts beruht, d. h., ein Fehler in der gerichtlichen Willensbildung muss ausgeschlossen sein.[6] Schon die bloße Möglichkeit eines Fehlers bei der Rechtsanwendung oder der Tatsachenwürdigung, eines Verfahrensverstoßes oder eines Denkfehlers schließt eine Berichtigung nach § 107 FGO aus.[7]

 

Rz. 7

Die Voraussetzungen des § 107 FGO sind einer Beweiserhebung nur eingeschränkt zugänglich. So kann das Vorliegen eines "mechanischen" Fehlers nicht "offenbar" i. S. d. Vorschrift sein, wenn die Fehlerursache erst durch Abfrage subjektiver Einschätzungen der seinerzeit Beteiligten ermittelt werden kann.[8] Auch kann das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit nicht durch die Behauptung möglicher anderer Fehlerursachen infrage gestellt werden.[9]

 

Rz. 8

Berichtigt werden können alle Teile der gerichtlichen Entscheidung.[10] Dies kann sowohl Tenor (allerdings nicht bei Abweichung vom Klagebegehren[11]) als auch Rubrum[12], Tatbestand nebst Anträgen[13] sowie Entscheidungsgründe[14] und auch die Rechtsmittelbelehrung[15] betreffen.[16] Selbst das Aktenzeichen des Gerichts, die Angabe des Entscheidungsdatum und die fehlerhafte Aufnahme des Namens der (ehrenamtlichen) Richter, die ausweislich des Protokolls an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, sind berichtigungsfähig.[17] Wurde das Urteil versehentlich nicht unterschrieben, dann kann die Unterschrift jederzeit nachgeholt werden. Eine Berichtigung kommt folglich nicht in Betracht.[18] Ist dagegen das Urteil von einem Richter mitunterzeichnet worden, der hieran nicht mitgewirkt hat, kann diese Unterschrift im Wege der Berichtigung gestrichen und diese Korrektur auch mit der Änderung der unrichtigen Angabe der Namensbezeichnung über die Person des mitwirkenden Richters verbunden werden.[19]

Unrichtigkeit des Protokolls über eine mündliche Verhandlung, über eine Beweisaufnahme oder über einen Erörterungstermin sind demgegenüber jederzeit nach Maßgabe des § 94 FGO i. V. m. § 164 ZPO berichtigungsfähig.[20]

 

Rz. 9

Eine Berichtigung des Rubrums ist bei einer unrichtigen Parteibezeichnung allerdings nur zulässig, wenn die Identität des Beteiligten gewahrt bleibt.[21] Die Berichtigung der Parteibezeichnung ist daher insbesondere in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und dem identitätswahrenden Rechtsformwechsels denkbar.[22] Eine Berichtigung wurde ebenfalls bereits bejaht bei Aufhebung eines Erbscheins nach Erlass des Urteils[18] bzw. nach Erbausschlagung.[23] Des Weiteren kann die im Rubrum unterlassene Benennung eines tatsächlich Beteiligten, was durch Auslegung zu ermitteln ist, berichtigt werden.[24] Richtet sich das Urteil gegen ein aufgrund eines gesetzlichen Beteiligtenwechsels nicht mehr zuständiges FA, hat es aber zur mündlichen Verhandlung das zuständige FA geladen, ist der bei der Erstellung des Rubrums unterlaufene Fehler als offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 107 FGO anzusehen.[25] Ebenso ist eine Berichtigu...

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