Rz. 2

Zustellungen als Hoheitsakte sind nur in Gebieten zulässig, die der deutschen Hoheitsgewalt unterliegen. Zustellungen im Ausland haben nach § 9 VwZG zu erfolgen. Wird im Ausland auf andere Weise zugestellt, z.  B. nach § 5 VwZG, ist die Zustellung unheilbar unwirksam, da die deutsche Hoheitsgewalt ein solches Handeln nicht deckt. Es handelt sich nicht nur um eine grundsätzlich mögliche, aber formell fehlerhafte Zustellung, bei der eine Heilung nach § 8 VwZG möglich wäre, sondern um eine überhaupt nicht mögliche Zustellung, deren Fehler nicht heilbar ist.[1] Das gilt auch, wenn der Zustellungsadressat der Zustellung im Ausland zugestimmt hat.[2]

Ausland ist das Gebiet, das nicht zur Bundesrepublik Deutschland gehört. Zum Ausland gehören auch im Inland belegene exterritoriale Gebiete (vgl. Rz. 5).

 

Rz. 3

Die Vorschrift gilt für die Zustellung sowohl schriftlicher als auch elektronischer Dokumente, wobei jedoch die meisten Regelungen[3] nur für die Zustellung schriftlicher Dokumente anwendbar sind. Bei Zustellung elektronischer Dokumente gilt neben § 9 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 VwZG sowie § 5 Abs. 5 bzw. § 5a VwZG.[4]

Die Erleichterungsregelung des § 123 AO gilt nur für die einfache Bekanntgabe, nicht für die Zustellung. Eine dem § 123 AO vergleichbare Regelung für Zustellungen ist aber in Abs. 3 enthalten; vgl. daher Rz. 10.

[1] FG Köln v. 6.11.1980, V/XVI 539/76 L, EFG 1981, 210; a. A. FG Nürnberg v. 21.1.1981, V 170/80, EFG 1981, 425; Kugelmüller-Pugh, in Gosch, AO/FGO, § 9 VwVG Rz. 41.
[2] Werth, DStZ 2006, 647.
[3] Abs. 1 Nr. 1–3, Abs. 3.
[4] Vgl. AEAO, zu § 122 Nr. 3.1.4.1.

2.1 Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG) oder elektronische Übermittlung (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 VwZG)

 

Rz. 4

Abs. 1 zählt 4 verschiedene Formen der Zustellung im Ausland auf, wobei Abs. 2 jeweils regelt, in welchem Zeitpunkt bei den einzelnen Zustellungsarten die Zustellung als bewirkt gilt.

Die einfachste Form[1] der Zustellung im Ausland ist die Zustellung durch die zustellende Behörde unter Verwendung der Post. Diese Art der Zustellung ist nur möglich als Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein.[2] Zulässig ist diese Form der Zustellung nur, wenn dies durch völkerrechtlichen Vertrag zugelassen oder sonst völkerrechtlich zulässig ist. Die Verwaltung sieht die Zustellung in dieser Form auch dann als zulässig an, wenn der ausländische Staat diese Zustellungsform durch Völkergewohnheitsrecht oder ausdrückliches nichtvertragliches Einverständnis hinnimmt oder toleriert. Davon geht die Verwaltung bei allen Staaten aus mit Ausnahme von Ägypten, Brasilien, China, Mexiko, Sri Lanka und Venezuela.[3] Bei anderen Ländern bedarf es einer differenzierenden Beurteilung.[4] Sofern danach eine Zustellung per Post möglich ist, erfolgt eine Zustellung über Konsulate oder Botschaften gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 VwZG nur noch in Ausnahmefällen.[5] Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Festsetzungsverjährung droht und damit ein Zugangsnachweis möglichst sicher erfolgen soll, oder wenn die Zustellung per Post aus anderen Gründen gescheitert ist.

Dem Nachweis der Tatsache der Zustellung sowie ihres Zeitpunkts dient der Rückschein; dieser ist als Nachweis ausreichend. Wird der Rückschein nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgefüllt zurückgesandt, ist die Zustellung wirksam, die Behörde muss aber die Tatsache der Zustellung sowie ihren Zeitpunkt beweisen.

[1] Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2.
[2] Zu dieser Zustellungsart vgl. § 4 VwZG.
[3] Vgl. AEAO zu § 122 Nr. 3.1.4.1
[4] Vgl. dazu AEAO zu § 122 Nr. 3.1.4.1 mit näheren Hinweisen.
[5] FinMin NRW v. 8.9.2019, AO-Kartei NW § 122 Karte 803.

2.2 Zustellung durch Zustellungsersuchen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 VwZG)

 

Rz. 5

Die Regelung des Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 enthält mehrere Zustellungsmöglichkeiten. Es ist möglich, dass völkerrechtliche Verträge über das Zustellungsverfahren den unmittelbaren Verkehr zwischen inländischen und ausländischen Behörden vorsehen. In diesem Fall ersucht die inländische zustellende Behörde unmittelbar die ausländische Behörde um die Zustellung.[1] Umfang und Abwicklung des Zustellungsverfahrens richten sich jeweils nach den einzelnen Abkommen. Sofern im Ausnahmefall die Botschaften im Ausland nicht besetzt sind (z. B. Afghanistan, Irak, Liberia, Somalia) oder nicht vorhanden sind (Butan, Cook Inseln, San Marino, Taiwan), ist keine Zustellung möglich.

 

Rz. 6

Gibt es keine völkerrechtliche Grundlage für einen solchen unmittelbaren Verkehr der Behörden, hat die Zustellung über die deutsche diplomatische oder konsularische Vertretung in dem Staat, in dem zugestellt werden soll, zu erfolgen (Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2). Zu diesem Zweck ist das zuzustellende Schriftstück dem Auswärtigen Amt auf dem Dienstweg (d. h. von dem FA über die OFD und das Landesfinanzministerium dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zuzuleiten, das es an die in dem ausländischen Staat befindlichen deutschen konsularischen oder diplomatischen Vertretungen weiterleitet. Diese leiten das Zustellungsersuchen über das Außenministerium des ausländischen Staates an die die Zustellung ausführende ausländische Stelle weiter.

 

Rz. 7

Die Tatsache und der Zeitpunkt der Zustellung werden durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachge...

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