1 Anwendungsbereich

 

Rz. 1

Die Anwendung des StraBEG setzt voraus, dass eine Straftat nach §§ 370, 370a AO oder nach § 26c UStG begangen wurde. Bei §§ 370, 370a AO kommen sowohl die Begehungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO durch das Machen unrichtiger oder unvollständiger Angaben als auch die Unterlassungsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO durch das pflichtwidrige Inunkenntnislassen der Finanzbehörde in Betracht. In beiden Fällen ist nach dem eindeutigen Wortlaut erforderlich, dass Steuern verkürzt oder ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil erlangt, die Steuerhinterziehung mithin vollendet wurde[1]. Wegen einer versuchten Steuerhinterziehung ist keine strafbefreiende Erklärung möglich (Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 1 StraBEG Rz. 5; a. A. unter Hinweis auf den Zweck des Gesetzes, aber wenig überzeugend Schwedhelm/Spatschek, DStR 2004, 109, 113; Seer, in T/K, AO, § 1 StraBEG Rz. 4).

Befürchtungen, die Steuerverwaltung könnte aus fiskalischen Gründen das Vorliegen einer vorsätzlichen Steuerverkürzung in Abrede stellen[2], sind unbegründet. Zwar kann das Finanzamt dieser Frage nachgehen, wenn entsprechende Zweifel bestehen[3]. Praktisch lassen sich jedoch kaum Fälle denken, in denen durch die unberechtigte Abgabe einer strafbefreienden Erklärung ein unzulässiger steuerlicher Vorteil für die Zukunft erschlichen werden kann[4].

[1] Vgl. auch Meyer, PStR 2004, 127.
[2] So z. B. Meyer, PStR 2004, 127, 129.
[4] Joecks/Randt, DStR 2004, 1461, 1464; vgl. aber zu einer angeblich unzulässigen Ansparabschreibung Niedersächsisches FG v. 22.10.2008, 2 K 5/06, EFG 2009, 272, rkr..

2 Verhältnis zur Selbstanzeige

 

Rz. 2

Die Selbstanzeige nach §§ 371, 378 Abs. 3 AO und die strafbefreiende Erklärung stehen als eigenständige Regelungsbereiche selbstständig nebeneinander und schließen sich daher grundsätzlich nicht gegenseitig aus (vgl. Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 492; Tormöhlen/Klepsch, wistra 2003, 362, 368; Randt/Schauf, DStR 2003, 1369, 1374; Klengel/Mückenberger, BB 2003, 2094, 2097), insbesondere ist die strafbefreiende Erklärung gegenüber der Selbstanzeige keine diese verdrängende Spezialregelung. Der gegenseitige Ausschluss der beiden Institute richtet sich vielmehr nach § 7 Nr. 3 StraBEG: Soweit der Erklärende schon eine Selbstanzeige oder eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO eingereicht hat, ist die strafbefreiende Erklärung – und zwar soweit – ausgeschlossen (vgl. § 7 StraBEG Rz. 12ff., 19f.; Sell/Schenking/Derlien, Steueramnestie 2004/2005, 13.1.2., 108). Ob dies allerdings auch dann gilt, wenn innerhalb eines Lebenssachverhalts verschiedene Steueransprüche ausgelöst werden[1] oder innerhalb einer Steuerart teilweise strafbefreiende Erklärung und teilweise Selbstanzeige vorliegen, ist höchst fraglich (vgl. Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 494; Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 1 StraBEG Rz. 13). Innerhalb desselben Lebenssachverhalts ist jedoch eine Differenzierung ausgeschlossen (ebenso BMF v. 20.7.2004, IV A 4 – S 1928 – 94/04, DStR 2004, 1387, Frage 16; Joecks/Randt, Steueramnestie, Rz. 495 unter Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, eine Gesamtregelung zu schaffen). Andererseits soll nach Joecks/Randt, DStR 2004, 1461, 1464 wegen des Unterschieds zwischen Lebenssachverhalt und "Taten" z. B. i. S. d. § 8 Abs. 3 StraBEG eine Differenzierung innerhalb desselben Lebenssachverhalts jedenfalls dann möglich sein, wenn verschiedene Steuerarten berührt sind, und selbst dann, wenn diese tateinheitlich hinterzogen wurden. Für diese Auffassung spricht zwar, dass Gegenstand einer strafbefreienden Erklärung nach dem Wortlaut des StraBEG Taten und nicht Lebenssachverhalte sind. Auf der anderen Seite ist höchst zweifelhaft, wie der Begriff der Tat in diesem Zusammenhang auszufüllen ist, nämlich durch den materiell-rechtlichen, den strafprozessualen oder durch einen eigenständigen Begriff (vgl. zur Parallelproblematik bei der Selbstanzeige Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 180).

Eine Günstigerprüfung durch die Finanzbehörde erfolgt nicht. Dazu ist diese weder aus § 89 AO verpflichtet noch wird sie dazu aufgrund der Angaben des Erklärenden in der Lage sein.

[1] Z. B. ESt = strafbefreiende Erklärung; USt = Selbstanzeige; ablehnend BMF v. 3.2.2004, IV A 4 – S 1928 – 18/04, BStBl I 2004, 225, Tz. 15.2.

3 Amnestiezeitraum

 

Rz. 3

Die Möglichkeit der Abgabe einer strafbefreienden Erklärung ist, dem Wesen eines Amnestiegesetzes entsprechend, zeitlich begrenzt. Dabei entfällt auf eine Erklärung im Zeitraum vom 1.1.2004 bis zum 31.12.2004 ein pauschaler Steuersatz von 25 %; bei einer Erklärung im Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 31.3.2005 ein pauschaler Steuersatz von 35 % (Abs. 6). Voraussetzung für die Straffreiheit ist jeweils, dass auch die Zahlung bis spätestens 31.12.2004 bzw. 31.3.2005 beim Finanzamt eingegangen ist.

4 Zahlungsfrist

 

Rz. 4

Für die Straffreiheit muss die Abgeltungssteuer innerhalb von zehn Tagen nach Einreichung der strafbefreienden Erklärung gezahlt sein. Verspätete Zahlungseingänge finden – w...

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