Rz. 22

Seit dem Inkrafttreten der DSGVO sind die dort geregelten Informationsansprüche betroffener Personen für das steuerliche Verfahrensrecht maßgeblich. Mit der Einführung der Art. 12ff. DSGVO, hier insbesondere der Art. 12, 13 Abs. 3, 14 Abs. 4 und 15 DSGVO, besteht somit ein ausdrücklich normiertes Informations- bzw. Auskunftsrecht der betroffenen Person über ihre beim Verantwortlichen weiterverarbeiteten personenbezogenen Daten, was neben dem unmittelbaren Anwendungsbereich der DSGVO auf natürliche Personen nach § 2a Abs. 5 AO auch u. a. auf juristische Personen zu erstrecken ist. Diese Regelung – einschließlich der auf der Grundlage des Art. 23 DSGVO zulässigen Einschränkungen durch die Regelungen in §§ 32a ff., hier insbesondere durch § 32c AO – sieht kein Ermessen der Finanzbehörden über die Erteilung der Auskunft vor.

Auch für die Datennutzung bzw. -weiterverarbeitung im Rahmen des § 88a AO ergibt sich deshalb der Auskunftsanspruch der betroffenen Person – mindestens vordringlich – aus den Regelungen der DSGVO mit den ergänzenden einschränkenden Regelung der §§ 32a ff. AO.[1] Für die Auskunftspflicht bzw. deren Verweigerung wird oft entscheidend sein, ob die Datensammlung auch der Überprüfung des eigenen aktuellen oder zukünftigen Steuerfalls der betroffenen Person dient. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO i. V. m. §§ 32a Abs. 1 Nr. 1, 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 32c Abs. 1 Nr. 1 AO wird die betroffene Person insbesondere dann nicht über die Weiterverarbeitung ihrer Daten zu informieren sein, wenn dadurch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, insbesondere bezogen auf den eigenen Steuerfall, gefährdet wäre. Das mit der Geheimhaltung verfolgte Ziel der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern wird dabei i. d. R. das Informationsinteresse der betroffenen Person überwiegen. Dies ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[2]

 

Rz. 23

Darüber hinaus könnte den Beteiligten auf Antrag eine weitergehende oder ergänzende Erkenntnis über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu gewähren sein, wenn daneben eine weitere Berechtigungsregelung bestehen sollte. § 88a AO selbst sieht eine explizite Auskunftsverpflichtung nicht vor.[3] Es dürfte zudem auch grundsätzlich fraglich sein, ob eine die Regelungen der DSGVO ergänzende anspruchsbegründende Ermessensabwägung über die Auskunftserteilung selbst noch vertretbar ist. Da die Regelungen der DSGVO verordnungsunmittelbar gelten, besteht ein ergänzender Regelungsbedarf und dementsprechend eine ergänzende Regelungsberechtigung im nationalen Recht nur, soweit diese Regelungen auf der Grundlage des Art. 23 DSGVO beschränkt worden sind.[4]

Deshalb wird vertreten, dass es dem vorrangigen Unionsrecht widerspreche, wenn die Finanzverwaltung beim Akteneinsichtsrecht weiterhin von einem Ermessensanspruch ausgehe, da dies vorrangigem Unionsrecht widerspreche.[5] Sieht man das Akteneinsichtsrecht aber als ein "Mehr", und damit nicht in den Auskunftsverpflichtungen der DSGVO abschließend mit geregelt an, könnte es mindestens insoweit einen ergänzenden Informationsanspruch geben, weil der Umfang dieses Anspruchs über die Regelungen der DSGVO hinausgeht und den unionsrechtlichen Informationsanspruch der betroffenen Person insoweit ergänzen könnte. Dementsprechend sieht der BFH – zumindest in Kindergeldsachen – für ein eventuelles Akteneinsichtsrecht – weiterhin (auch) einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung.[6] M. E. kann ein solcher "Zusatzanspruch auf Informationsgewährung" aber jedenfalls nur dann bestehen, wenn das Beantragte über den bloßen – durch die DSGVO geregelten – Informations- oder Auskunftsanspruch hinausgeht, wie dies m. E. etwa bei beantragter Akteneinsicht der Fall wäre.

 

Rz. 24

In diesen Fällen dürfte allerdings ein nach DSGVO ausgeschlossener Informationsanspruch einen auf gleiche Inhalte zielenden Akteneinsichtsanspruch ausschließen und bestehendes Ermessen auch für eine Informationsgewinnung durch Akteneinsicht "auf Null" reduzieren.

Zudem setzt ein solcher weitergehender Informationsanspruch dann aber jedenfalls voraus, dass auch in Bezug auf den Informationsumfang das gegenläufige Interesse im Rahmen der Abwägung aller wesentlichen Umstände überwiegt, wobei das öffentliche Interesse an einem effizienten Einsatz eines Dateisystems im Sinne und im Rahmen der Nutzungsbeschränkungen des § 88a AO zum Zweck der gleichmäßigen Festsetzung von Steuern erhebliches Gewicht im Rahmen dieser Abwägung aufweist.[7]

 

Rz. 25

Auch über die Form der Auskunftserteilung besteht nach § 32d Abs. 1 AO ein behördliches Ermessen nur, soweit es an Regelungen in der DSGVO fehlt. Dabei kann die Finanzbehörde ihrer Informationspflicht über die Weiterverarbeitung der Daten der betroffenen Person nach § 32d Abs. 2 AO auch etwa durch allgemeine Informationsschreiben oder sonstige öffentliche Bereitstellungen der grundsätzlichen Information über die Verwendung der Daten genügen.

Wird ein über den gebundenen Anspruch auf Auskunftserteilung nach der DSGVO hinausgehender ...

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