Rz. 50

Wie das in § 88c AO geregelte Verfahren genau genutzt wird und ob die betroffenen Personen davon überhaupt etwas mitbekommen, wird abzuwarten sein.[1] Allerdings sind die Finanzbehörden in ihrer Informationsgestaltung nicht völlig frei. Vielmehr muss der betroffenen Person eine hinreichende Kenntnischance über Eingriffe in ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gegeben sein, ohne dass aber von Verfassung wegen ein Anspruch auf eine bestimmte Art der Informationserlangung besteht.[2]

Seit dem Inkrafttreten der DSGVO sind die dort geregelten Informationsansprüche betroffener Personen für das steuerliche Verfahrensrecht maßgeblich. Durch die Einführung der Art. 12 ff. DSGVO, hier insbesondere der Art. 12, 13 Abs. 3, 14 Abs. 4 und 15 DSGVO, besteht ein ausdrücklich normiertes Informations- bzw. Auskunftsrecht der betroffenen Person über ihre bei den Verantwortlichen weiterverarbeiteten Daten. Diese Rechte haben nach § 2a Abs. 5 AO – neben den durch den Anwendungsbereich der DSGVO berechtigten natürlichen – auch juristische Personen. Die Informationsrechte der DSGVO – einschließlich der auf Grundlage des Art. 23 DSGVO zulässigen Einschränkungen durch die Regelungen der §§ 32a ff. AO, hier insbesondere des § 32c AO – sehen kein Ermessen der Finanzbehörden über die Erteilung der Auskunft vor.

Auch für die Datennutzung bzw. -weiterverarbeitung im Rahmen der Regelungen des § 88c AO ergibt sich deshalb ein Auskunftsanspruch der betroffenen Person – mindestens vordringlich – aus den Regelungen der DSGVO mit den ergänzend einschränkenden Regelungen der §§ 32a ff. AO.[3] Im Grundsatz soll der Auskunftsanspruch der betroffenen Person u. a. auch dahin gehen, zu erfahren, zu welchen Zwecken personenbezogene Daten verarbeitet werden, wer die Empfänger der Daten sind, nach welcher Logik die Verarbeitung erfolgt und welche Folgen eine solche Verarbeitung haben kann.[4] Eine solche Information wird für die Zwecke des § 88c AO weitgehend als Eventualaussage in allgemeiner Form gegeben werden können, ohne eine Gefährdung staatlicher Interessen oder der Interessen Dritter durch die Informationsgewährung zu begründen.

Dies beinhaltet aber noch keine konkrete Aussage für den Einzelfall der betroffenen Person. Für die Auskunftspflicht, bzw. deren Verweigerung im konkreten Einzelfall wird oft entscheidend sein, ob die Datensammlung – wie in § 88c Abs. 3 AO geregelt – auch der Überprüfung des eigenen aktuellen oder zukünftigen Steuerfalls dient. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO i. V. m. §§ 32a Abs. 1 Nr. 1, 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 32c Abs. 1 Nr. 1 AO wird die betroffene Person insbesondere dann nicht über die Weitergabe und -verarbeitung ihrer Daten zu informieren sein, wenn dadurch die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, insb. bezogen auf den eigenen Steuerfall, gefährdet wäre. Das mit der Geheimhaltung verfolgte Ziel der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung von Steuern wird dabei i. d. R. das Informationsinteresse der betroffenen Person überwiegen. Das ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[5]

Das könnte für die Fälle der modellhaften Gestaltung i. S. d. § 88c Abs. 1 und 2 AO zunächst eher als Ausnahme erscheinen. Allerdings hat auch der veranlagungsbegleitende Ansatz des Abs. 3 in der Umsetzung der Vorschrift einiges Gewicht. Genau dieser zweite Normzweck der verbesserten Bewertungsmöglichkeit des Einzelfalls wird für die Frage eines Entfallens der Informationspflicht der Verantwortlichen im Einzelfall maßgeblich sein können. Für die Frage der Informationsgewährung als solche, wie auch in Bezug auf den Informationsumfang, wird jeweils entscheidend darauf abzustellen sein, ob das gegenläufige Interesse im Rahmen der Abwägung aller wesentlicher Umstände überwiegt. Dabei wird das öffentliche Interesse an einem effizienten Einsatz eines Dateisystems i. S. und im Rahmen der Zweckbestimmungen des § 88c AO zur Erkenntnisgewinnung und Verhinderung schädlicher kapitalmarktbezogener Steuergestaltungen (Abs. 1 und 2) oder der gleichmäßigen Festsetzung von Steuern (Abs. 3) erhebliches Gewicht im Rahmen der Abwägung aufweisen.

 

Rz. 51

Ob oder inwieweit über die DSGVO bezogenen Informations- und Auskunftsrechte hinausgehende Ansprüche der betroffenen Personen auf ermessengerechte Entscheidungen der Finanzbehörden aus allgemeinem Recht bestehen, ist noch nicht abschließend geklärt. Dies dürfte sich aber auf Anwendungsfälle beschränken, in denen eine über die bloße Information oder Auskünfte hinausgehende Erkenntnisgewinnung angestrebt wird, wie etwa bei beantragter Akteneinsicht.[6]

 

Rz. 52

Auch über die Form der Auskunftserteilung besteht nach § 32d Abs. 1 AO ein behördliches Ermessen nur, soweit es an Regelungen in der DSGVO fehlt. Dabei kann die Finanzbehörde ihrer Informationspflicht über die Weiterverarbeitung der Daten der betroffenen Person nach § 32d Abs. 2 AO auch durch allgemeine Informationsschreiben oder sonstige öffentliche Bereitstellung von grundsätzlichen Informationen über die Verwendung der Daten genü...

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