Rz. 12

Gesamtrechtsnachfolge i. S. v. § 45 AO tritt insbesondere in folgenden zivilrechtlich geregelten Fällen ein:

  • bei Erbfolge[1] einschließlich Nacherbfolge[2] und Fiskalerbschaft[3];
  • bei Nachfolge des Fiskus in das Vermögen einer erloschenen Stiftung oder eines erloschenen Vereins[4];
  • bei Verschmelzung von Gesellschaften durch Aufnahme oder Neugründung[5] und der Vermögensübertragung im Wege der Vollübertragung[6];
  • bei Anwachsung des Anteils am Vermögen einer Personengesellschaft[7], wenn alle Gesellschafter bis auf einen aus der Gesellschaft ausscheiden und der verbleibende Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen ohne Liquidation übernimmt.[8]

Nach verbreiteter Ansicht soll auch die Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft zu einer Gesamtrechtsnachfolge führen[9], weil das Vermögen des Ehemanns und das der Ehefrau dadurch zu gemeinschaftlichem Vermögen der Eheleute werden.[10]

Dagegen spricht jedoch, dass evtl. vorhandenes Sonder- und Vorbehaltsgut[11] von dieser Vergemeinschaftung ausgenommen sind, sodass sich diese nicht notwendigerweise auf das gesamte Aktivvermögen der Ehegatten erstreckt. Außerdem liegt die Rechtsträgerschaft auch hinsichtlich des Gesamtguts ungeachtet seiner gesamthänderischen Bindung[12] nicht bei der Gütergemeinschaft als solcher, sondern bei den Ehegatten[13], sodass die Begründung der Gütergemeinschaft nicht zu einer Ersetzung der bisherigen durch einen neuen Rechtsträger führt. Schließlich bleiben die Ehegatten auch Schuldner der Gesamtgutsverbindlichkeiten.[14]

Rz. 13 einstweilen frei

 

Rz. 14

Keine Gesamtrechtsnachfolge tritt ein

  • bei Hoferbnachfolge i. S. v. § 4 der Höfeordnung in den ehemals zur britischen Besatzungszone gehörenden Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein[15], wenn der Hoferbe nicht zugleich als Miterbe am hoffreien Vermögen beteiligt ist[16];
  • bei Erwerb durch Vermächtnis[17], Geltendmachung des Pflichtteils[18], Erbschaftskauf[19] und Schenkung an den künftigen Erben.[20]
  • bei Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden i. S. v. § 25 HGB[21];
  • bei Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft[22];
  • bei Übertragung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft auf ihren einzigen Gesellschafter[23];
  • bei Anwachsung des Anteils am Vermögen einer Personengesellschaft durch Ausscheiden eines oder mehrerer Gesellschafter[24], wenn mehrere Gesellschafter in der Gesellschaft verbleiben, da sich nur die Beteiligungsquoten der Gesellschafter verschieben, die Gesellschaft als Rechtsträgerin ihres Vermögens aber bestehen bleibt[25];
  • bei Auflösung einer Personengesellschaft im Wege der Realteilung[26];
  • bei formwechselnder Umwandlung[27], weil der formwechselnde Rechtsträger hierdurch nicht erlischt, sondern gem. § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG in der durch den Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiterbesteht[28]; bei einer mit dem Formwechsel verbundenen Änderung des Steuersubjekts (z. B. bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft oder umgekehrt) soll § 45 Abs. 1 AO nach der Verwaltungsauffassung[29] aber entsprechend anwendbar sein;
  • bei Umwandlung der Vorgesellschaft von einer Gesamthandsgesellschaft zu einer juristischen Person durch Eintragung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister[30];
  • bei Abspaltung oder Ausgliederung[31] sowie einer Vermögensübertragung im Wege der Teilübertragung[32], weil diese Vorgänge nicht zu einem Übergang des gesamten Vermögens des bisherigen Rechtsträgers auf einen anderen führen; in den Fällen einer Aufspaltung[33] soll § 45 Abs. 1 AO nach der Verwaltungsauffassung[34] aber sinngemäß anzuwenden sein.
 

Rz. 15

Geht ein Sondervermögen, das selbst Stpfl. sein kann, zivilrechtlich aber nicht Rechtsträger ist, auf einen Rechtsträger oder auf einen ebenfalls nur partiell steuerlich Rechtsfähigen[35] über, so ist ebenfalls eine Gesamtrechtsnachfolge anzunehmen.[36]

Rz. 16–17 einstweilen frei

[5] Vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2ff. UmwG; zur Gewinnzurechnung bei Verschmelzungen vgl. BFH v. 13.2.2008, I R 11/07 BFH/NV 2008, 1538.
[10] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 45 AO Rz. 5; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 45 AO Rz. 8; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 45 Rz. 2; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 45 Rz. 2.
[13] Palandt/Brudermüller, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1416 BGB Rz. 1.
[15] BFH v. 26.3.1987, IV R 20/84, BStBl II 1987, 561; BFH v. 5.11.2009, IV R 29/08, BFH/NV 2010, 356; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 45 AO Rz. 6; Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 45 Rz. 3.
[16] Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 45...

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