Rz. 170a

Ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung liegt i. d. R. auch vor, wenn der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Abs. 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchsteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchsteuervorteile erlangt[1]. Die vorliegende Gesetzesfassung beruht auf der Aufhebung des § 370a AO (s. Rz. 1a).

 

Rz. 170b

Die Regelung greift nur ein, wenn durch die Tathandlung nach § 370 Abs. 1 AO (s. Rz. 36, 54) USt oder eine Verbrauchsteuer (zum Begriff s. § 3 AO Rz. 9) verkürzt (s. Rz. 84) oder ein diesbezüglicher ungerechtfertigter Vorteil erlangt (s. Rz. 103) ist.

 

Rz. 170c

Die Anwendung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO kommt für jeden Tatbeteiligten (s. Rz. 11) der Steuerhinterziehung (s. Rz. 170b) in Betracht[2]. Der Tatbeteiligte muss als Mitglied einer Bande zusammen mit anderen Bandenmitgliedern gehandelt haben, auch wenn sein Tatbeitrag lediglich in einer Gehilfentätigkeit besteht[3].

Eine Bande setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere Steuerhinterziehungen zu begehen[4].

Die Bandenmitglieder müssen sich zur fortgesetzten Begehung der Steuerhinterziehung (s. Rz. 170b) zusammengeschlossen haben[5]. Ein gefestigter "Bandenwille", also ein von einem ernsthaften Willen getragener, auf gewisse Dauer angelegter entsprechender Zusammenschluss[6], ist nicht erforderlich, eine lose Übereinkunft reicht aus. Auch genügt es, wenn sich die Bandenmitglieder lediglich verabreden, in Zukunft eine noch nicht in allen Einzelheiten feststehende Zahl von Taten gemeinsam zu begehen, also einen gefestigten "Bandenwillen" demonstrieren (s. § 373 AO Rz. 9). Bei der bandenmäßigen Steuerhinterziehung ist in subjektiver Hinsicht das Wissen und Wollen zur fortgesetzten Begehung erforderlich, also der Wille, die Handlungen auch künftig fortzusetzen und die Taten dann gemeinschaftlich durchzuführen (s. entspr. § 373 AO Rz. 9). Dabei sind weder eine feste Organisation noch eine bestimmte Rollenverteilung notwendig[7]. Mitglied einer Bande kann demgemäß auch derjenige sein, dem nach dem "Bandenwillen" nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung lediglich als Gehilfentätigkeit (s. § 369 AO Rz. 56) darstellen[8].

Bandenmäßige Steuerhinterziehung erfordert entgegen der älteren höchstrichterlichen Rspr. nicht, dass die Bandenmitglieder bei dieser Tat in irgendeiner Weise zeitlich und örtlich zusammenwirken, ausreichend ist ein – irgendwie geartetes – sachliches Mitwirken der Bandenmitglieder[9].

 
Praxis-Beispiel

A, B und C gründen je eine Scheinfirma, für die sie sich wechselseitig über fingierte Geschäftsvorfälle[10] Rechnungen ausstellen, um die ausgewiesene USt bei ihrem FA als Vorsteuer geltend zu machen (s. § 370 AO Rz. 114).

[2] Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 183d.
[5] S. § 373 AO Rz. 9; vgl. entspr. BGH v. 3.4.1970, 2 StR 419/69, BGHSt 23, 239; BGH v. 20.4.1999, 5 StR 604/98, wistra 1999, 300.
[6] OLG Hamm v. 29.4.1981, 4 Ss 2939/80, JR 1982, 207.
[7] BGH v. 29.8.1973, 2 StR 250/73, GA 1974, 308; BGH v. 25.1.1996, 5 StR 402/95, NJW 1996, 2316.
[8] BFH v. 15.1.2002, 4 StR 499/01, wistra 2002, 183.
[9] BGH v. 22.3.2001, GSSt 1/00, wistra 2001, 298; Ellbogen, wistra 2002, 8 m. w. N.; s. § 373 AO Rz. 9.
[10] Zur "Vorspiegelungsstraftat" als Steuerhinterziehung s. § 385 AO Rz. 7; BGH v. 23.3.1994, 5 StR 91/94, wistra 1994, 194.

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