Rz. 17

Da der Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO auf die Umkehrung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis gerichtet ist, setzt seine Entstehung voraus, dass die zu erstattende Zahlung oder Rückzahlung im Rahmen des Steuerschuldverhältnisses erfolgt ist. Dies ist der Fall, wenn mit der rückgängig zu machenden Vermögensverschiebung ein – sei es auch nur vermeintlicher – Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erfüllt werden sollte.[1]

Begleicht ein Dritter eine Steuerforderung, die nicht im eigenen, sondern in einem fremden abgabenrechtlichen Schuldverhältnis wurzelt, so begründet diese Zahlung kein (öffentlich-rechtliches) Steuerrechtsverhältnis zwischen ihm und der Finanzbehörde. Ihm können gegenüber der Finanzbehörde nur zivilrechtliche Ansprüche erwachsen. Bei Streit über einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Betrages ist deshalb nicht der Finanzrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg gegeben.[2] So verhält es sich, wenn ein Dritter, der sich vertraglich verpflichtet hat, für die Steuerschuld eines anderen einzustehen[3], nach § 192 AO in Anspruch genommen wird, ohne dass ein Rechtsgrund besteht.[4] Auch einer Bank, die auf die Pfändung und Einziehung eines Kontoguthabens des Vollstreckungsschuldners dem FA versehentlich einen das Guthaben übersteigenden Betrag auszahlt[5] oder die aufgrund eines unwirksamen Überweisungsauftrags Zahlungen an das FA leistet[6], steht kein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO zu, weil die von ihr erbrachten Leistungen nicht im Rahmen eines zwischen ihr und der Finanzbehörde bestehenden Steuerschuldverhältnisses, sondern zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis mit ihrem Kunden erfolgt.[7]

 

Rz. 18

Demgegenüber begründet die ohne rechtlichen Grund erfolgende Leistung des FA an einen am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten einen Erstattungsanspruch, weil durch die fehlgeleitete Zahlung ein ausschließlich auf Beseitigung der unrechtmäßigen Vermögensverschiebung gerichtetes Steuerschuldverhältnis entsteht.[8] Dies gilt auch für Zahlungen, die aufgrund von einem ungetreuen Finanzbeamten fingierter Steuerschuldverhältnisse bewirkt werden.[9] Entsprechendes gilt in dem Fall, dass ein Stpfl. an das FA Zahlungen zur Erfüllung einer irrtümlich angenommenen Steuerschuld erbringt.[10]

 

Rz. 19

Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr in anfechtbarer Weise geleisteter Steuern nach § 143 Abs. 1 InsO ist kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. des § 37 Abs. 1 AO, sondern ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch.[11] Die Rückgewährpflicht hat ihre Grundlage nicht in dem der Zahlung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, sondern allein im Insolvenzrecht. Die Insolvenzordnung eröffnet dem Insolvenzverwalter mit der Insolvenzanfechtung eine Rückforderungsmöglichkeit, die dem Schuldner selbst verwehrt ist und die der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dient.[12] Auch die Rückforderung einer auf einer (vermeintlich) unberechtigten Insolvenzanfechtung beruhenden Leistung des FA kann nur in diesem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis abgewickelt werden. Denn ein Anspruch auf Rückgewähr einer Leistung teilt die Rechtsnatur des Anspruchs, auf den jene Leistung erbracht worden ist.[13] Im Rahmen eines Zwei-Personen-Verhältnisses kann bei einer Minderung der Steuerforderung ein Erstattungsanspruch des Stpfl. aus § 37 Abs. 2 AO nur insoweit bestehen, als das Volumen der Steuerminderung über die von der Insolvenzanfechtung betroffenen Beträge hinaus geht.[14]

Demgegenüber handelt es sich bei der gem. § 144 Abs. 1 InsO durch die Insolvenzanfechtung wiederauflebenden Abgabeschuld um einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis. Da der Rechtsgrund einer anfechtbaren Leistung von der Insolvenzanfechtung unberührt bleibt, handelt es sich bei den Ansprüchen, die nach § 144 Abs. 1 InsO wieder entstehen, um die ursprünglichen Zahlungsansprüche.[15]

Rz. 20 einstweilen frei

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