Rz. 12

Der Einspruch ist nur statthaft, wenn die Finanzbehörde einen Verwaltungsakt erlassen bzw. den Rechtsschein eines wirksamen Verwaltungsakts gesetzt hat.[1] Aus diesem Verwaltungsakt, der durch die Anfechtung Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden ist, muss sich die Beschwer ergeben.

Der Einspruch setzt eine bestehende Rechtsverletzung voraus, die zu einer aktuellen Belastung führt. Die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts müssen aktuell noch existieren. Das Einspruchsverfahren dient nicht zur Klärung abstrakter Rechtsfragen.[2] Die Finanzbehörde hat keine Gutachterfunktion hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit nicht mehr wirksamer Verwaltungsakte. Die Klärung der Frage, ob ein erledigter Verwaltungsakt rechtswidrig war, kann im Ausnahmefall durch die an die Anfechtungsklage anschließende Fortsetzungsfeststellungsklage[3], ansonsten nur in einem Folgeverfahren, z. B. in einem Klageverfahren auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung[4], erreicht werden, bei dem die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts eine rechtliche Vorfrage der Entscheidung ist.[5]

 

Rz. 12a

Der Regelungsinhalt des angefochtenen Verwaltungsakts darf also nicht durch Rücknahme, Aufhebung oder Widerruf oder durch Zeitablauf bzw. sonstige Erledigung vollständig wirkungslos geworden sein.[6] Mit Eintritt der Wirkungslosigkeit entfällt von diesem Zeitpunkt an die Einspruchsbefugnis.[7]

 

Rz. 13

Wird der mit dem Einspruch angefochtene Verwaltungsakt während des Einspruchsverfahrens inhaltlich geändert oder nach vollständiger Beseitigung durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, so setzt sich das Einspruchsverfahren gem. § 365 Abs. 3 AO an dem geänderten oder ersetzenden Verwaltungsakt fort. Die Einspruchsbefugnis bestimmt sich demgemäß nach dem neuen Verwaltungsakt.[8] Auch wenn die Finanzbehörde mit dieser Änderung oder Ersetzung den bisherigen Einwendungen abhelfen will[9], ist der Einspruchsführer, wenn er den Einspruch nicht zurücknimmt oder für erledigt erklärt[10], nicht gehindert, mit weiteren Einwendungen den Verwaltungsakt anzugreifen. Der Einspruchsführer kann auch auf alte Einwendungen zurückgreifen, selbst wenn er diese zwischenzeitlich nicht weiter verfolgt hat.[11]

[1] § 347 AO Rz. 52, 53; Siegers, in HHSp, AO/FGO, § 350 AO Rz. 71f.; zur Unterlassung s. Rz. 27.
[4] Vor §§ 78–133 AO Rz. 46.
[7] BFH v. 11.3.1992, X R 116/90, BFH/NV 1992, 757 für die Anfechtung einer Prüfungsanordnung nach Prüfungsabschluss; vgl. für die teilweise Rücknahme eines Haftungsbescheids BFH v. 16.7.1992, VII R 60/91, BFH/NV 1993, 153; s. hierzu Rz. 19.

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