Rz. 18

Auch wer eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat ist Stpfl. Nach § 43 S. 2 AO kann die Steuerzahlungspflicht durch Gesetz vom Steuerschuldner auf einen Dritten übertragen werden. Dementsprechend kann der Entrichtungspflichtige nicht zugleich auch Steuerschuldner sein, da er als Dritter und gerade nicht als Berechtigter oder Verpflichteter am Steuerschuldverhältnis beteiligt ist.[1] Dem Steuerentrichtungsschuldner werden bei der Abwicklung der zur selbstständigen Steuerart ausgestalteten Abzugsteuer öffentlich-rechtliche Dienstleistungspflichten aufgebürdet.[2] Die Frage, ob der Entrichtungspflichtige damit eine Aufgabe des Staates unentgeltlich zu erledigen hat oder ob er einer nur ihm möglichen eigenen Steuerpflicht[3] nachzukommen hat, die schon deshalb keine originär staatliche Aufgabe sein kann, weil der Staat sie selbst mangels Kenntnis gar nicht erfüllen könnte[4], ist letztlich rein akademischer Natur. Die vom Leistungsempfänger möglicherweise geschuldete Steuer, z. B. ESt, wird durch Abzug von der Leistung erhoben.[5] Der Leistende hat anstelle der Finanzbehörde die Abzugsteuer zu berechnen.[6]

Diese Einbehaltung ist die Minderung der zivilrechtlich geschuldeten Leistung um den Steuerabzugsbetrag. Die Minderung hat sowohl zivilrechtliche Rechtswirkung, der Leistende wird durch die Erhebung des Steueranteils insoweit von seiner zivilrechtlichen Verpflichtung befreit, als auch steuerrechtliche Rechtswirkungen. Sie ersetzt in einem Akt die Festsetzung der Abzugsteuer und deren Erhebung, d. h. Entrichtung durch den Steuerschuldner (Leistungsempfänger). Eine besondere Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid ist begrifflich nicht möglich, da der Leistende als Privatperson keine Verwaltungsakte erlassen kann. Die Steuererhebung erfolgt hier seitens des Leistenden durch Verrechnung einer öffentlich-rechtlichen Forderung mit einer zivilrechtlichen Schuld. Der Leistungsempfänger kann die erhobene Abzugsteuer bei der späteren Erfüllung seiner Steuerschuld in Anrechnung bringen bzw. Erstattung verlangen, wenn der Abzug höher war als die tatsächliche Steuerschuld.

Von der Einbehaltung ist verfahrensrechtlich die Abführung zu unterscheiden. Der Leistende haftet für die Abzugsteuer.[7] Diese Haftung ist aber nicht nur eine Duldungspflicht, sondern den Einbehaltungspflichtigen trifft hinsichtlich der Steuerabzugsbeträge eine eigene gesetzliche Zahlungspflicht.[8] Er hat die steuerrechtliche Pflicht, die fremde Steuer zu zahlen. Insoweit ist der Einbehaltungspflichtige auch als steuerlicher Haftungsschuldner Stpfl. (Rz. 17). Die Festsetzung dieser Steuerentrichtungspflicht erfolgt durch die Steueranmeldung.[9]

Die Steuerpflichtverhältnisse hinsichtlich der Einbehaltungs- und Abführungspflicht und der Steuerschuldnerstellung (Rz. 15) sind rechtlich voneinander unabhängig. So kann einerseits der Einbehaltungs- und Abführungspflichtige nicht geltend machen, dass seine Pflicht entfällt, weil der Abzugsbetrag dem Steuerschuldner in dessen Steuerverhältnis zu erstatten ist.[10] Andererseits kann der Steuerschuldner im Streit um die Einbehaltung und Abführungspflicht nicht die Auszahlung des fehlerhaft abgeführten Abzugsbetrags an sich verlangen.[11]

 

Rz. 18a

Nicht Stpfl. als Entrichtungspflichtiger ist derjenige, der eine Steuer oder Steuervorauszahlung freiwillig oder aufgrund anderer Umstände ohne gesetzliche Verpflichtung für Dritte leistet. So wird etwa im sog. "Düsseldorfer Verfahren" im Rahmen eines vereinfachten Vorauszahlungsverfahrens von Betreibern bordellartiger Betriebe im Rahmen von Vereinbarungen mit den Finanzbehörden eine Pauschale für jede im Betrieb tätige Prostituierte abgeführt, ohne dass dazu eine gesetzliche Verpflichtung des Bordellbetreibers bestünde.[12] Dementsprechend wird ein Bordellbetreiber der im "Düsseldorfer Verfahren" Vorauszahlungen auf die Steuerschuld der Prostituierten vornimmt durch die entsprechende Vereinbarung mit der Finanzbehörde nicht Entrichtungspflichtiger.[13]

 

Rz. 19

Im derzeitigen Steuerrecht erfolgt die Besteuerung im Weg des Steuerabzugs nur in wenigen Fällen, z. B.:

  • LSt: Diese ist nach § 38 Abs. 1 S. 1 EStG die durch Abzug von dem von einem inländischen Arbeitgeber gezahlten Arbeitslohn erhobene ESt. Die Lohnsteuer wird für Rechnung des Arbeitnehmers einbehalten und ist an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.[14] Soweit der Arbeitgeber die LSt als pauschalierte LSt übernimmt[15], ist er nicht mehr als Dritter Entrichtungsschuldner, sondern wird selbst Steuerschuldner und ist unter diesem Gesichtspunkt Stpfl. (Rz. 15);
  • Lohnkirchensteuer, die als Zuschlag zur LSt erhoben wird;
  • KapESt nach § 43 Abs. 1 EStG, die durch Abzug von bestimmten inländischen Kapitalerträgen erhobene ESt;
  • Bauabzugssteuer bei Bauleistungen nach § 48 EStG;
  • Aufsichtsratsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG, bei der Vergütungen, die für die Überwachung der Geschäftsführung von inländischen Gesellschaften an beschränkt steuerpflichtige Mitglieder des Aufsichtsrats gezahlt wer...

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