Rz. 14

Wer jeweils Stpfl. ist, bestimmt sich zunächst nach der Aufzählung des § 33 Abs. 1 AO. Diese hat keine abschließende Bedeutung; aufgezählt werden Unterfälle der Generalklausel, "ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat".[1]

[1] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 33 Rz. 1.

2.1 Steuerschuldner

 

Rz. 15

Stpfl. ist, wer eine Steuer schuldet. Dies ist der Steuerschuldner, der nach dem jeweiligen Einzelsteuergesetz[1] infolge der Verwirklichung des Steuertatbestands[2] die Geldleistung[3] an die Finanzbehörde als eigene Leistung allein oder neben anderen Schuldnern als Gesamtschuldner[4] zu erbringen hat.

Die Bestimmung des Steuerschuldners ist abhängig von der jeweils bestehenden Pflichtenstellung und damit auch nicht notwendig einheitlich für einen Lebenssachverhalt zu beantworten. Bei einer Personengesellschaft sind etwa Gewerbesteuer, Umsatzsteuer und Einkommensteuer unterschiedlichen Steuerschuldnern zuzuordnen.

 

Rz. 16

Die Rechtsstellung als Steuerschuldner kann grundsätzlich nur durch Gesetz (Rz. 3) begründet werden. Ausnahmsweise kann aber auch eine Steuerfestsetzung durch die Finanzbehörde eine Steuerschuld konstitutiv begründen, wenn in einem Steuerbescheid – rechtswidrig – eine Steuerschuld gegen eine dritte Person festgesetzt wird. Solange diese Festsetzung nicht aufgehoben wird oder in anderer Weise ihre Rechtswirkung verloren hat, besteht auch insoweit eine wirksam festgesetzte Steuerforderung.[5] Insoweit ergibt sich die materiell-rechtliche Rechtsstellung als Steuerschuldner vom materiellen Steuerrecht abweichend allein durch das Verfahrensrecht.[6]

Wer sich gegenüber der Finanzbehörde dagegen nur vertraglich verpflichtet hat, die Schuld eines anderen zu erfüllen[7], wird hierdurch nicht Stpfl.[8] Die Rechtsstellung als Steuerschuldner ist unabhängig von der Steuerzahlungspflicht (s. Rz. 18 für Abzugsteuern). Stpfl. ist nicht derjenige, der die Steuer wirtschaftlich zu tragen hat.[9] Wer für einen Steuerschuldner die Leistung zu erbringen hat, z. B. die gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigten[10], wird durch diese Pflicht nicht zum persönlichen Steuerschuldner. Sie sind aber dennoch Stpfl., weil sie eigene und nicht nur abgeleitete steuerliche Pflichten zu erfüllen haben.[11]

[8] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 33 Rz. 27; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 4.
[11] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 30 Rz. 34 m. w. N.

2.2 Haftungsschuldner

 

Rz. 17

Stpfl. ist auch, wer für eine Steuer haftet. Dies ist der Haftungsschuldner, der kraft Gesetzes für einen Geldanspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (Steuer oder steuerliche Nebenleistung) haftet.[1] Der Haftungstatbestand, der die Inanspruchnahme durch einen Haftungsbescheid ermöglicht, kann sich sowohl aus Steuergesetzen als auch aus Rechtsnormen insbesondere des Zivilrechts ergeben.[2]

Der Haftungsschuldner ist Fremdhaftender; seine Rechtsstellung ist mit der des Steuerschuldners unvereinbar.[3]

Wird die Haftung durch einen Vertrag zwischen der Finanzbehörde und einem Dritten nach § 48 Abs. 2 AO begründet, so entsteht ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, nicht aber ein Steuerschuldverhältnis.[4] Aus diesem Rechtsverhältnis erlangt die Finanzbehörde keine hoheitlichen Befugnisse, der vertragliche Haftungsschuldner wird nicht Stpfl.[5] Die Geltendmachung des Haftungsanspruchs erfolgt demgemäß in diesen Fällen nicht im Verwaltungsverfahren, sondern nach den Regeln des bürgerlichen Rechts.[6]

[2] Gehm, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 191 AO Rz. 4a; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 33 AO Rz. 10.
[3] BFH v. 23.6.2020, VII R 56/18, Haufe-Index 14243420 Rz. 13; Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 71 AO Rz. 2; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 5; a. A. Knittel, AO-StB 2019, 107, 108.
[5] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 33 AO Rz. 7; Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 33 AO Rz. 7; Schindler, in Gosch, AO/FGO, § 33 AO Rz. 10.

2.3 Entrichtungspflichtiger

 

Rz. 18

Auch wer eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat ist Stpfl. Nach § 43 S. 2 AO kann die Steuerzahlungspflicht durch Gesetz vom Steuerschuldner auf einen Dritten übertragen werden. Dementsprechend kann der Entrichtungspflichtige nicht zugleich auch Steuerschuldner sein, da er als Dritter und gerade nicht als Berechtigter oder Verpflichteter am Steuerschuldverhältnis beteiligt ist.[1] Dem Steuerentrichtungsschuldner werden bei der Abwicklung der zur selbstständigen Steuerart ausgestalteten Abzugsteuer öffentlich-rechtliche Dienstleistungspflichten aufgebürdet.[2] Die Frage, ob der Entrichtungspflichtige damit eine Aufgabe des Staates unentgelt...

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