Rz. 1

Die Finanzbehörde kann vollstreckbare Geldforderungen, wenn sie nicht freiwillig erfüllt werden, nur nach den §§ 249323 AO vollstrecken. Sie kann sich dann aus dem durch die Verwertung der gepfändeten Gegenstände erzielten Erlös befriedigen. Das Recht zur Verwertung ergibt sich aus dem durch die Pfändung begründeten Pfändungspfandrecht.[1]

Dieser Weg über die Pfändung wäre – ohne die Regelung des § 327 AO – auch dann erforderlich, wenn die Finanzbehörde für die Geldforderung bereits ein Sicherungsrecht freiwillig oder erzwungen erlangt hat. Allein die Einräumung oder Erlangung eines Sicherungsrechts begründet für die Finanzbehörde noch nicht automatisch das Recht zur Verwertung im Weg der öffentlich-rechtlichen Vollstreckung. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Sicherungsrecht durch zivilrechtliches Rechtsgeschäft[2] bestellt worden ist.

Ein solcher Umweg über die Pfändung widerspräche dem Sinn eines Sicherungsrechts. Dessen Bestellung bezweckt die spätere Erfüllung einer Forderung durch die Möglichkeit der Verwertung des zur Sicherung dienenden Gegenstands. Der Sicherungsgeber hat sich in gewisser Weise "freiwillig" der sofortigen Vollstreckung unterworfen bzw. ist durch Verwaltungsakt zur Einräumung der Sicherheit gezwungen worden. § 327 AO vereinfacht entsprechend dem Sinngehalt eines Sicherungsrechts das Vollstreckungsverfahren und schafft die Rechtsgrundlage für eine Verwertung der Sicherheit durch die Finanzbehörde aufgrund der eigenen öffentlich-rechtlichen Rechtsstellung.[3]

 

Rz. 1a

Das Verwertungsverfahren nach § 327 AO ist eine besondere Art des Vollstreckungsverfahrens.[4] Es ersetzt einen Teil des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Vollstreckungsverfahrens, nämlich Pfändung und Beschlagnahme des Gegenstands, an dem das Sicherungsrecht besteht.[5] Da die Verwertung vorhandener Sicherheiten für die Finanzbehörde der einfachere Vollstreckungsweg ist, ist die Anordnung anderer Vollstreckungsmaßnahmen m. E. als Übermaßpfändung[6] rechtswidrig, sofern aus den Sicherheiten eine Tilgung des finanzbehördlichen Anspruchs zu erwarten ist.

[2] Rz. 6.
[3] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 327 AO Rz. 3.
[4] BFH v. 11.4.1989, VIII R 219/84, BFH/NV 1989, 755; BFH v. 19.5.1994, VII R 99-100/93, BFH/NV 1995, 559; Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 327 AO Rz. 3; Tormöhlen, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 327 AO Rz. 1.
[5] Rz. 1.

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