Rz. 20a

Mit dem Jahressteuergesetz 2022[1] wurde der Tatbestand der Öffnungsnorm durch Einfügung eines S. 2 in Abs. 1 des § 31a AO ergänzt. Danach ist nunmehr die Offenbarung der geschützten Daten aus dem Besteuerungsverfahren auch zulässig, wenn sie zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist.

Die Offenbarung darf in diesen Fällen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung aber nicht von Amts wegen erfolgen, sondern nur nach einem entsprechenden Ersuchen der für das jeweilige Strafverfahren zuständigen Stellen, also von Staatsanwaltschaften oder Strafgerichten.[2]

Diese die Datenweitergabe eröffnende Regelung schützt für diese Zwecke nicht nur die Amtsträger der Finanzbehörden, sondern wegen des weitergeleiteten Steuergeheimnisses auch die der Bewilligungsbehörden.[3] Auch mit dieser erweiternden bundesgesetzlichen Öffnung des Steuergeheimnisses ist eine weitere Einschränkung des Schutzes des Steuergeheimnisses verbunden. Die Risiken insbesondere für den Bestand der gesetzlichen Mitwirkungspflichten der Stpfl. im Besteuerungsverfahren werden dadurch nicht geringer.[4]

Damit ist nun ausdrücklich[5] und rechtsklar geregelt, dass in den von Abs. 1 S. 1 Buchst. b Doppelbuchst bb und S. 1 Nr. 2 des § 31a AO erfassten Fällen auch für die Zwecke der strafrechtlichen Verfolgung geschützte Daten offenbart werden dürfen. Damit legitimiert der Gesetzgeber für nach der Gesetzesänderung relevante Fälle (Rz. 20c) die teilweise von den Strafverfolgungsbehörden und einigen Strafgerichten vertretene Auffassung[6], dass in diesen Fällen auch unterhalb der Schwelle des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b AO, die eine Verfolgung besonders schwerer Wirtschaftsstraftaten voraussetzt[7], eine Datenweitergabe zur Strafverfolgung zwar nicht, wie in der Regel vertreten, nach einer erweiterten Auslegung des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO[8], wohl aber nun nach §§ 30 Abs. 4 Nr. 2, 31a Abs. 1 AO zulässig ist.

Damit wird zugleich auch abschließend geregelt, für welche Wirtschaftsstraftaten konkret auch unterhalb der Schwelle des § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. b AO die geschützten Daten aus dem Besteuerungsverfahren für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln auf Grundlage des § 30 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. § 31a Abs. 1 AO offenbart werden dürfen.[9]

 

Rz. 20b

Der Gesetzgeber erlaubt die Offenbarung geschützter Daten aber nur zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer tatsächlich erlangten Leistung, also bei Vollendung der Tat. Die strafrechtliche Sanktionierung eines Versuchs, sich zu Unrecht eine Leistung aus öffentlichen Mitteln zu erschleichen, rechtfertigt eine Offenbarung geschützter Daten an die Strafverfolgungsbehörden nach §§ 30 Abs. 4 Nr. 2, 31a Abs. 1 S. 2 AO dagegen ausdrücklich nicht.

§ 264 Abs. 4 StGB stellt zwar auch den Versuch unter Strafe, eine Geldleistung, deren Verwendung durch Rechtsvorschriften oder durch den Subventionsgeber im Hinblick auf eine Subvention beschränkt ist, entgegen der Verwendungsbeschränkung zu verwenden.[10] Der bloße Versuch eines Subventionsbetrugs weist zudem m. E. insbesondere in den Fällen, in denen bedürftigen Betrieben Coronahilfen im Interesse zügiger Hilfe zunächst ohne vertiefte Prüfung gewährt werden sollten und den Antragstellern dementsprechend ein großer Vertrauensvorschuss entgegengebracht wurde, bereits einen hohen Unrechtsgehalt auf, der durchaus über den einer vollendeten Tat mit geringerem Umfang hinausgehen kann.

Insofern überrascht die vom Gesetzgeber geregelte eingeschränkte Verwendungsberechtigung zunächst. Wahrscheinlich ging der Gesetzgeber bei Schaffung der Öffnungsnorm aber davon aus, dass bei verhinderter Tatvollendung den Bewilligungsbehörden hinreichende eigene Erkenntnisse zur strafrechtlichen Verfolgung der Versuchsstraftat vorliegen und dementsprechend eine Offenbarung geschützter Daten aus dem Besteuerungsverfahren nicht erforderlich (s. dazu Rz. 22b) ist.

 

Rz. 20c

Soweit zu dieser Gesetzesänderung vertreten wird, die Regelung des Abs. 1 S. 2 diene (nur) der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, indem nun ausdrücklich geregelt werde, dass auch die Offenbarung der geschützten Daten für Zwecke des Strafverfahrens erlaubt wird[11], greift dies zu kurz. Da § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO als hier maßgebliche Öffnungsnorm zum Steuergeheimnis eine ausdrückliche Zulassung der Offenbarung durch ein Bundesgesetz erfordert und dies voraussetzt, dass die Zulässigkeit nicht nur mittelbar durch Auslegung einer Rechtsnorm hergeleitet werden kann[12], war dies für Strafverfahren im Regelungsbereich des § 31a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb und Nr. 2 AO vor der Rechtsänderung durch das JStG 2022 eben gerade nicht der Fall (Rz. 6a). Diesen Regelungsbereich in die Norm zur Öffnung des Steuergeheimnisses hineinzuinterpretieren und damit den Schutz der Daten aus dem Besteuerungsverfahren zu umgehen, wie dies von einigen Staatsanwaltschaften und Strafgerichten durch ...

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